Dienstag, 3. August 2010

"In guten wie in schlechten Zeiten”

Erlebnisse mit Frau Maria Mühlbauer* (MA35 Fremdenpolizei)

Carolina (Argentinierin) und ich (Österreicher) sind seit etwas mehr als einem Jahr verheiratet. Genauer gesagt, wir haben am 15.5.2009 in einem Standesamt in Buenos Aires (Argentinien) geheiratet, nachdem ich die vorangegangenen 4 Jahre bereits in besagter Stadt gelebt hatte. Seither leben wir gemeinsam und waren keinen einzigen Tag getrennt. Dafür gibt es Zeugen und Beweise. Schon vor der Hochzeit habe ich mich bei der österreichischen Botschaft in Buenos Aires erkundigt, welche die erforderlichen Schritte seien, damit meine Frau sich legal in Österreich aufhalten bzw. vielleicht sogar arbeiten kann. Erstens hatten wir nämlich zu jenem Zeitpunkt bereits zwei Tickets nach Wien, da ich jedes Jahr während der Sommermonate in Wien (oder zumindest in Europa) bin. Für meine Frau war es ihr erster Besuch in Österreich. Zweitens will ich gar kein Geheimnis daraus machen, dass die Annahme, dass verheiratet zu sein eine gewisse Erleichterung im Umgang mit der Bürokratie bedeuten würde, eines der vielen Argumente war, die uns tatsächlich zu einer offiziellen Eheschließung veranlasste. Zumindest dachten wir das, aber Österreich überrascht einen immer wieder. Warum wir in Argentinien geheiratet haben? Weil ich vom Hörensagen wusste/dachte, dass Visa für Verheiratete immer vom Heimatland des/der AusländerIn beantragt werden müssten. Jedenfalls wurde ich von den durchaus hilfreichen und freundlichen Mitarbeitern in der österreichischen Botschaft in Buenos Aires eines besseren belehrt, dass es nämlich bei einer Beantragung von Buenos Aires aus lediglich länger dauern würde, als wenn wir in Wien direkt zur MA35 gehen würden. Gut.
Carolinas Geburtsurkunde wurde von der argentinischen Behörde beglaubigt, das Führungszeugnis wurde von der argentinischen Behörde beglaubigt, die Heiratsurkunde wurde von der argentinischen Behörde beglaubigt. Dann wurde das alles von einem beglaubigten Übersetzer beglaubigt ins Deutsche übersetzt (ich will gar nicht erst beginnen, darüber zu schreiben, wie viel eine Übersetzung für derartige Standard-Dokumente kostet) und dann (samt Übersetzung) mit der Den Haager Apostilie versehen, die diese Dokumente auch in Österreich gültig machen. Insgesamt kostete uns diese Vorphase an die 300,- Euro.
Ich selbst war in Österreich Student gewesen, war meist geringfügig in der Gastronomie beschäftigt und bin 2004 nach Argentinien gereist, um dort für die Universität Wien meine Diplomarbeit zu schreiben. Ich schloss das Studium der Philosophie udn Politikwissenschaft Anfang 2008 auch tatsächlich erfolgreich ab. Seit 2006 war ich in Argentinien (abgesehen von Übersetzungstätigkeiten, die mir den Unterhalt sicherten) damit beschäftigt, das Gedenkprojekt “Verlorene Nachbarschaft Buenos Aires - Wien 2008” (www.verlorene-nachbarschaft.at) zu initiieren und zu organisieren, welches mit Unterstützung des Außenministeriums, des Bundeskanzleramts, des Wissenschaftsministeriums und einigen anderen (österreichischen und argentinischen) Institutionen auch überaus erfolgreich von 26.10. bis 9.11.2008 unter prominenter österreichischer und argentinischer Beteiligung stattfand (Teilnehmer waren unter vielen anderen z.B. der Präsident des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs Clemens Jabloner, der damaliger Kulturstaatsekretär Argentiniens José Nun und der Präsident des argentinischen jüdischen Dachverbandes DAIA Aldo Donzis. Den Ehrenschutz für das Projekt übernahmen die argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner und der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer. Abgesehen von den Dankesschreiben vieler Beteiligten gibt es bezüglich des Projektes einen persönlichen Brief der damaligen Botschafterin Österreichs Gudrun Graf an mich, in dem sie betont, wie professionell und erfolgreich dieses Projekt dank meines Einsatzes verwirklicht werden konnte. Doch das ist ein anderes Thema.).
Mit all dem war allerdings verbunden, dass ich keinerlei Einkommen in Österreich nachweisen konnte und somit auch seit meinem Studiumsabschluss keinerlei Sozialversicherung hatte. Dies wurde meiner Frau dann bei der MA35 in der Dresdner Straße in Wien zum Verhängnis, da uns von einer dortigen Juristin erklärt wurde, dass es sinnlos sei, eine Aufenthaltsbewilligung für Carolina zu beantragen, wenn ich kein Einkommen, keine Sozialversicherung und keine eigene Wohnung hätte (wir wohnten damals wie heute bei meinen Eltern im 8.Bezirk). Außerdem müssten wir uns während des Verfahrens in Österreich aufhalten, also hätten wir im Juni 2009 dann einen für Juli geplanten Urlaub absagen müssen.
Als ich dann Mitte August dennoch beantragen wollte war Carolinas Führungszeugnis bereits abgelaufen (3 Monate Gültigkeitsfrist) und somit waren sowohl Übersetzung als auch Apostilie verloren. Vielleicht meine Schuld, wenn ich die Schuld wirklich bei mir suchen will. Ich hätte ja anstatt auf Urlaub zu fahren auch eine Arbeit suchen können, damit ich, so wie es traditionell offenbar erwartet wird, meine nicht arbeitstätige Frau erhalte. Eine Alternative wäre gewesen, dass Carolina von einem Unternehmen einen das Unternehmen (auf ein Jahr, glaube ich mich zu erinnern) verpflichtenden Vorvertrag bekommt. Doch schon bei kurzem Nachdenken erkennt man, dass die Bezeichnung “Alternative” eine simple Chuzpe darstellt.
Dass ich selbst kein regelmäßiges Einkommen hatte sollte auch kein Problem darstellen, da ich einfach nur mit meinen Eltern, einen einklagbaren Unterhaltsvertrag abschließen müsste (Dieser müsste von einem Notar beglaubigt werden, etc... d.h. weitere erhebliche Kosten). Mein Vater hätte ein Nettoeinkommen von über Euro 3.000,- vorlegen müssen (ich kann mich an die exakte Zahl nicht erinnern).
Da ich zu jenem Zeitpunkt aber bereits wusste, dass wir uns ab Oktober für einen längeren Zeitraum in Argentinien aufhalten würden, da ich an einer Publikation über unser Projekt arbeitete (“Verlorene Nachbarschaft. Jüdische Emigration von der Donau an den Rio de la Plata”; Mandelbaum Verlag: Wien 2009), hätte a) die Zeit für eine Antragsbearbeitung nicht ausgereicht und b) akzeptierte ich das Bürokratie-Motto, dass nun einmal kein Aufenthaltstitel vergeben wird, wenn sich die jeweilige Person ohnehin nicht in Österreich aufhält.
Außerdem wurde mir bei der MA35 beteuert, dass ich das Visum doch von Argentinien aus beantragen solle, über die österreichische Botschaft. Also zurück zum Start.
In Buenos Aires angekommen war einer meiner ersten Wege also wieder zur österreichischen Botschaft, wo die Ratschläge der MA35 mit Kopfschütteln akzeptiert wurden. Jedoch gab es seit Neuem eine Regelung, wonach Anträge aus dem Ausland mit einer zusätzlichen Gebühr versehen werden und daher der Antrag erheblich teurer werden würde. Und da unser Rückflugticket nach Österreich erst für Mai 2010 datiert war, entschieden wir in Absprache mit der Botschaft, einmal abzuwarten und bei einem längeren Österreichaufenthalt einfach in Wien zu beantragen.
Kurz vor unserer Abreise im Mai 2010 nach Wien ließ sich Carolina erneut ein Führungszeugnis ausstellen, welcher wiederum beglaubigt und beglaubigt übersetzt wurde. Ich selbst fand in Wien ein weiteres Mal eine geringfügige Anstellung und konnte so bei der Wiener Gebietskrankenkassa meine Frau mitversichern. Bei der MA35 Fremdenpolizei wurden wir dann auf die für einen Antrag notwendigen Dokumente aufmerksam gemacht, sowie dass wir gar nicht in der Dresdner Straße, sondern bei der zuständigen Nebenstelle am Friedrich Schmidt Platz einreichen müssen.
Als die Versicherungsbestätigung und das Führungszeugnis fertig waren, gingen wir letztendlich am 22.6.2010, d.h. ca 6 Wochen nach unserer Ankunft mit den erforderlichen Dokumenten zu besagter Nebenstelle und begannen das Abenteuer der Beantragung.
Zur MA 35 ist zu sagen, dass es sich um einen unübersichtlichen Bereich in einem Amtsgebäude am Friedrich Schmidt-Platz handelt. Als Person mit deutscher Muttersprache kennt man sich (trotz akademischer Erfahrung mit Amtsgebäuden) dort nicht aus. Dankenswerterweise sah ein wartender türkischer Antragsteller, dass wir verloren herumirrten und erklärte mir die Logistik der Örtlichkeit. Nebenbei sei bemerkt, dass kein einziges Türschild, kein einziger Richtungspfeil (sofern vorhanden), noch sonst irgendein Hinweis auf einer anderen Sprache als auf deutsch vorhanden wäre. Österreichische Gastfreundlichkeit eben. Dass die verzweifelten Antragsteller sich dann mit Fragen auf jegliche Person stürzen, die aus einer sich öffnenden Tür kommt ist zwar verständlich, wird aber meist von den logischerweise entnervten Beamten mit Schroffheit und Präpotenz erwidert, wobei viele dem weit verbreiteten Irrtum unterliegen, dass man mit Menschen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, einfach überdeutlich im Infinitiv schreien muss, damit sie einen verstehen. Aber so ist das eben. Es zwingt sie ja keiner, nach Österreich zu kommen.
Jedenfalls muss man dort dann eine Nummer ziehen, mit der man sich danach, sobald man aufgerufen wird anmelden kann. Die Dame bei der Anmeldung nahm dies zur Kenntnis und schickte uns einfach wieder in den Wartebereich. Dass wir darauf warten sollten, wieder aufgerufen zu werden, konnte ich nur raten. Letztendlich wurden wir jedoch aufgerufen und kamen zu einer jüngeren Dame, die den Antrag letztlich aufnahm. Ich wurde zum Zahlen geschickt. Als ich mit Carolina in das Zimmer eintrat, wo man reuemütig - selbstverständlich kommt der Beamtenapparat in der MA35 gänzlich ohne die Worte “Bitte” oder “Danke” aus - weitere 80 Euro zahlen darf, wurden wir laut angeschnauzt, dass schon hundert Mal gesagt wurde, dass nur die Antragstellerin alleine eintreten darf. Gut, also musste Carolina alleine zahlen. Zurück bei der Bearbeiterin wurde uns mitgeteilt, dass wir am 3.8 um 8 Uhr wiederkommen müssen und dann einige fehlende Dokumente vorweisen müssen, darunter ein Staatsbürgerschaftsnachweis meiner Person (obwohl sie bereits Kopien meines Reisepasses hatten, Kostenpunkt Euro 40,-) und einen Auszug aus dem Kreditschutzverband (obwohl sie bereits mein Bankkonto kannten; Kostenpunkt Euro 30,-). Außerdem muss ich einen Mietvertrag, einen Einkommensbeleg und eine Versicherungsbestätigung von mir vorlegen. Da wir bei meinen Eltern wohnen und der Mietvertrag auf den Namen meines Vaters läuft, wurde dieser kopiert und eine Mietrechtsvereinbarung mit meinem Vater gefertigt. Da ich als geringfügig Beschäftigter einen Monatslohn von 60 Euro habe, brachte ich die Bestätigung eines Kontos, auf dem von mir ersparte Euro 12.000,- enthalten sind.
Am 3.August, d.h. fast drei Monate nach unserer Ankunft, in denen Carolina nicht arbeiten bzw. Geld verdienen durfte, kehrten wir also in die MA35 mit allen erforderlichen Dokumenten und guter Hoffnung zurück. Diese Hoffnungen stellten sich als Naivitäten heraus als wir Frau Mühlbauer* kennenlernten, die offenbar leider ohne die gesellschaftlich üblichen Höflichkeiten geboren wurde und den Charme eines alten Krokodils uns gegenüber ausstrahlte. Sie kontrollierte weitaus wortlos die Dokumente und machte uns darauf aufmerksam, dass Carolina jetzt bald wieder ausreisen müsse, da ihr Touristenvisum nach 3 Monaten ablaufe. Ich sagte ihr, dass mir erklärt wurde, dass die Bearbeitung eines Antrags für ein Visum für Familienangehörige bis zu drei Monaten dauern würde und dass ich eigentlich in nächster Zeit ein Ergebnis erhofft hätte. Darauf erwiderte sie, dass sie nichts dafür könne, wenn wir seit unserer Ankunft 6 Wochen “verschlafen” bis zum Antrag (ich erinnere daran, dass wir auf die Übersetzung und Beglaubigung des Führungszeugnisses, sowie auf die Versicherungsbestätigung warten hatten müssen) und dann nicht alle erforderlichen Dokumente bringen. Ich entgegnete, dass wir sehr wohl alle erforderlichen Dokumente hatten, doch Dinge wie beispielsweise mein Staatsbürgerschaftsnachweis und mein Versicherungsnachweis nicht auf der Liste der erforderlichen Dokumente enthalten waren. Darauf entgegnete sie mit bereits erwähntem Charme: “Wenn sie nicht zusammenarbeiten wollen, dann wird nichts draus.”
Trotz ansteigender Frustration und unglaublichem Ärger, der sich langsam menschlich in mir aufstaute, blieb ich höflich und machte sie darauf aufmerksam, dass es ein bilaterales Abkommen zwischen Argentinien und Österreich gäbe, wonach die Angehörigen besagter Staaten 6 Monate im anderen Land bleiben dürfen. Das glaube sie nicht, sagte sie und wies mich darauf hin, dass Carolina Probleme mit der Fremdenpolizei bekommen könne. Ich entgegnete überrascht, dass wir doch gerade bei der Fremdenpolizei seien, worauf Frau Mühlbauer* kurz stotterte und letztlich meinte, dass sie “nur ausführende Organe seien”. Um einen Konflikt zu vermeiden fragte ich nicht weiter nach.
An einer Schilderung unserer Geschichte (nach Jahren der kulturellen Arbeit planen wir einen Neuanfang in Österreich, da das Projekt Verlorene Nachbarschaft nun zu Ende geht) war sie gänzlich uninteressiert und bezweifelte zurecht, dass man von 60 Euro im Monat (meine geringfügige Beschäftigung) leben könne. Darauf entgegnete ich, dass sich im September arbeitsmäßig bei mir einige Dinge entscheiden würden und dass es umso wichtiger wäre, dass Carolina endlich arbeiten könne. Nein, ich müsse sie erhalten, meinte Frau Mühlbauer*. Und auf den Hinweis, dass dies nicht einfach sei, wenn ein Teil der Ehepartner nicht arbeiten darf lächelte sie zynisch und sagte: “Bei der Heirat haben sie einander doch geschworen: in guten wie in schlechten Zeiten... na also!”
Solange man auf die Bürokratie angewiesen ist sind das wahrhaft “schlechte Zeiten”, doch das habe ich Frau Mühlbauer* nicht gesagt.
Insgesamt meinte sie dann, dass der Antrag nicht besonders gut aussieht, da die vorgewiesenen 12.000,- Euro zu wenig seien und ich entweder ein Nettogehalt von 1.200,- Euro so schnell wie möglich vorweisen solle, oder dass sich Caro einen Vorvertrag mit einem Arbeitgeber besorgen solle (über eine ähnliche Höhe). Sie fragte Caro, was sie denn gerne in Österreich arbeiten würde, worauf diese “Yogalehrerin” antwortete. Mit einem herablassenden Lächeln wurde dies dann von Frau Mühlbauer* im Antrag vermerkt. Ich entgegnete noch, dass 12.000,- Euro demnach ja 10 Monate gesicherter Unterhalt seien, doch die Dame meinte: “Ja und wie stellen sie sich dann die Zukunft vor? Für die Zukunft ist das zu wenig.” Ich meinte: “In Zukunft hoffe ich, dass Carolina auch arbeiten darf”. “Das wird sich zeigen”, meinte Frau Mühlbauer*.
“Wie geht’s denn jetzt weiter?” fragte ich sie. Wir sollen einmal ausreisen. Der Bescheid wird dann auf unsere Wohnadresse zugestellt, nachdem er von einer Juristin bearbeitet wurde. Sollte dieser negativ sein, bekommen wir in ohnehin in drei Wochen, meinte Frau Mühlbauer*.
Bleibt nur zu hoffen, dass die Dame in der juristischen Abteilung mehr Feingefühl hat als die Leiterin der Einwanderungsabteilung am Friedrich Schmidt Platz.
Carolina hat mir am Heimweg gesagt, “Reisen wir doch einfach nach Bratislava aus.” Seit ich meinen Eltern die Geschichte vor 2 Stunden erzählt habe, machen die sich Gedanken darüber, wie wir/ich die 1.200,- Euro netto monatlich auftreiben könne. Ich selbst bin einfach nur fassungslos darüber, mit welcher Präpotenz einem die Bürokratie des siebt-reichsten Landes der Welt begegnet, nachdem man hunderte Euro in Dokumente und Stempel und unzählbare Stunden in Wartezonen investiert hat. Ich begegne anderen Menschen immer mit Höflichkeit und in den meisten Fällen sogar mir Freundlichkeit, da ich z.B. Verständnis für Menschen aufbringe, die im beruflichen Leben täglich mit schwierigen Fällen von Einwanderern zu tun haben. Doch bei Carolina und mir handelt es sich keineswegs um einen schwierigen Fall. Ich bin ein klassisch links-bürgerlicher Josefstädter Akademiker, der nun mit seiner Frau, mit der er seit über einem Jahr verheiratet zusammenlebt nach Wien, seine Geburtsstadt, ziehen will um vielleicht eine Familie und ein Unternehmen zu gründen. Doch dass man fast 6 Jahre im Ausland zugebracht hat wird nicht gutgeheissen, sondern indirekt sogar bestraft, da ich über kein regelmäßiges Einkommen in Österreich verfüge. Eigentlich werde nicht ich, sondern meine Frau dafür bestraft, dass ich in Argentinien war. Wie wollen sie einfach nicht hier. Wir brauchen sie nicht. Wir sind lieber wir, denn Ausländer sind meist ohnehin sehr nahe an der Kriminalität. Und trotzdem hört man an allen Ecken und Enden in der Bevölkerung, dass bei uns die Türen und Tore für Ausländer zu weit offen stehen, dass “die Linken” die alle ins Land holen wollen.
Und ich frage mich: Wenn ein Mensch nach Österreich kommt (aus welchem Grund auch immer) und noch dazu das nicht unwahrscheinliche Pech hat dem gehaltsmäßigen Durchschnitt eines Landes anzugehören, das nicht eines der 6 Länder ist, die in der Rangliste vor Österreich stehen, was soll er dann diese Monate lang machen, die er tatenlos auf seinen Bescheid warten muss? Er muss im Land sein, doch er darf nicht arbeiten. Er muss einen Vorvertrag auftreiben, in dem die Firma ein Gehalt garantiert, ohne Erfahrung mit besagter Person zu haben. Familie in Österreich zu haben, reicht allein nicht mehr aus. 12.000 Euro am Konto reichen auch nicht aus. Und dann wundert man sich, dass Menschen in die Kriminalität (und sei es “nur” Schwarzarbeit) abdriften, wenn das wahre Verbrechen das ist, einem Menschen das Recht auf Arbeit zu verweigern. Und dann wundert man sich weiters, wie Ausländer-Kriminalitäts-Statistiken zustande kommen? Und dann wundern sich andere wiederum, wieso Hetzer wie HC Strache und Kollegen derartigen Erfolg haben?
Am liebsten würde ich meine Staatsbürgerschaft zurückgeben. Natürlich bin ich kultureller Teil der Nation Österreich (oder vielleicht eher Wiener) und werde es wahrscheinlich immer sein. Doch Teil des Staats zu sein erfüllt mich einmal mehr mit tiefer Scham und Ärger.
Und dann hat eine Innenministerin auch noch die Frechheit/Dummheit zu meinen, Arigona Zogaj solle doch heiraten, so könne sie problemlos wieder in Österreich leben.
Entweder Bosheit oder Dummheit, in jedem Fall Arschlöcher.

ALE

Anhang der ungefähren Amts-Kosten (gezahlt teilweise in argentinischen Pesos, hier in Euro übertragen) für die Dokumente von/für Carolina, die extra für den Antrag besorgt werden mussten (d.h. Kosten für Reisepass und andere Dokumente sind nicht enthalten):

Geburtsurkunde: Antrag 5,-; Apostilie Den Haag 8,-; Apostilie Botschaft 30,-; Übersetzung 70,- = INSGESAMT 113,-
Heiratsurkunde: Antrag 3,-; Apostilie Den Haag 8,-; Apostilie Botschaft 30,-; Übersetzung 70,- = INSGESAMT 111,-
Führungszeugnis: Antrag 10,-; Apostilie Den Haag 8,-; Apostilie Botschaft 30,-; Übersetzung 50,- = INSGESAMT 98,- (2 Mal)
Fotos und Kopien: 25,-
Antragsgebühr MA35 80,-
(Staatsbürgerschaftsnachweis Ale: 40,-)
(Auszug aus dem Kreditschutzverband Ale: 35,-)

INSGESAMT ergibt das Kosten über Euro 427,- für ihre Dokumente und (wenn man das zweite Führungszeugnis und meine Dokumente berücksichtigt) Euro 600,- reale Dokument-Kosten, dafür dass man sich anschnauzen lassen muss, betteln muss und der Antrag ohnehin wahrscheinlich abgelehnt wird, weil kein regelmäßiges Einkommen des Gatten vorhanden ist.

PS: Es geht bei der ganzen Sache weder um eine Staatsbürgerschaft, noch um ein permanentes Visum (bzw. Arbeitsgenehmigung). Es geht dabei um ein Visum, das auf EIN JAHR befristet ist und dann um noch ein Jahr erneuert werden kann. Nach dem zweiten Jahr wird es dann um (glaube ich) drei Jahre verlängert und danach bekommt man (sofern sich die Gesetze nicht weiter verschärfen, was sie momentan fast monatlich tun) eine permanente Aufenthaltserlaubnis. Voraussetzung ist natürlich, dass sich keine der Voraussetzungen der Ehepartner ändert und dass wir tatsächlich in Österreich leben.

*Name geändert

Freitag, 30. Juli 2010

Ein halbes Jahr später...

Zeit für eine Bestandsaufnahme. Weil so dahingelebt ist zwar auch schön, doch jetzt muss endlich was passieren... Es lebt sich wirklich recht easy momentan, im sommerlichen Wien, das bisher ein sehr gutes, wenn auch kurz verregnetes Neudeggergassenfest, eine höcht erfreuliche Fussball-WM die nicht nur Spanien zum Weltmeister gekrönt hat, sondern außerdem in Käthes Wohnung einen würdigen Nachfolger zur 2006er-Burggassengemeinschaft erreicht hat, einen heißen Juli, einen echt schönen Ausflug nach Grünau, abkühlende Regentage, viel Gastroarbeit im Lange und beim Heurigen und Ehealltag, gebracht hat. Es ist als wäre es eine lange lange Ruhe, zum Luftholen, die mit kleinen Notwendigkeiten und Öfen gefüllt wird. Das Buch plätschert dahin, einige Dinge sind angefangen und im September wird sich zeigen, ob das alles im Nichts versiegt oder ob sich irgendetwas Richtungsweisendes ergeben wird.
Mit gefällt mein Leben, auch wenn ich manchmal unbefriedigt bin. Diesmal fühlt sich die Apathie süß an. Soll heißen, dass mir bei weitem nicht alles recht ist, ganz vorne, dass ich mit Babs recht zerstritten bin und schon seit Anfang Juli darüber nachdenke, was ich diesbezüglich tun könnte... schaumamal wenn sie zurückkommt. Ich steh im Lange an der Bar. Da heute Freitag ist, wird erst um 20 Uhr aufgesperrt. Sicher kommt gleich einer rein und stört meine einsame Idylle zwischen dem Geschmack von Kaffe im Mund, dem Geruch einer frisch angezündeten Zigarette, Pink Floyd Animals in den Ohren und noch die Faulheit eines verpennten Nachmittags in den Gliedern.
Das fatale an Wien ist ihre Konstanz. Man kann sich hier so gut zurücklehnen und dahinleben ohne sich um Höhepunkte kümmern zu müssen. Und so ist es mir eben doch zu wenig. Die Stadt lebt mit ihren Erst-Welt-Problemen und kommt sich dabei irrsinnig wichtig vor. Und mir ist das momentan auch gar nicht unrecht. Wie das im Herbst wird weiss ich nicht. Wo es im Herbst hingeht, wenn Käthe dann zurückkommt ist mir noch völlig unklar. Noch kaum haben die Richtungspfeile so stark nach Wien gedeutet, doch auch wenn sie teilweise sehr verlockend sind, muss ich mich vor ihnen und ihren Trägern in Acht nehmen und selbst entscheiden, was für mich und für Caro das beste ist.
Sehr angenehm ist es hier. Alle sind momentan auf Urlaub. Die Eltern sind bereits auf dem Rückweg und machen Station in der Südsteiermark, wo sie Babs und Christoph treffen. Wann die beiden kommen ist mir nicht ganz klar, doch es dürfte in den nächsten Tagen sein. Morgen fahre ich wiedereinmal nach Leo. Ich habe das Gefühl, dass ich mich dieses Mal, in Wien, verantwortlich verhalte. Richtig familiär bin ich geworden und meine Sauf-Exszesse von früher sind früherem Aufstehen und Film-Schaun teilweise gewichen. Nur das Gras ist ein schönes Laster, das ich, vielleicht gar zu viel, zelebriere. Doch irgendwie passt eben so ein Grasrausch zu dem easy-Leben von gerade jetzt. Ich habe ja doch im Kopf, dass sich das alles sehr bald notwendigerweise ändern wird. Ich bin vor allem auf mein Zusammenleben mit Caro konzentriert und pflege meine sozialen Kontakte vor allem mit denen, die mir eben in der realen Welt am nächsten sind.
Die Höhepunkte fehlen zweifellos. Doch vielleicht hat unser San Cristobal-Abenteuer die Lust auf Höhepunkte schon fast ganz aufgegessen, für dieses Jahr, oder zumindest für diesen Sommer. Ich habe Lust, auf Urlaub zu fahren und weiss ganz genau, dass mir das sehr gut tun könnte und wahrscheinlich auch würde. Doch wenn ich daran denke, mit Caro gen Spanien zu fahren kommt zwar Freude in mir auf, doch wenn man es mit (heuer) wegnehmen würde, käme meinerseits auch nicht allzu viel Widerstand. Das hängt aber vor allem mit unser finanziellen Situation zusammen.
Mit gefällt es, auf die Sonne in unserem Innenhof zu schauen und die Sommerluft zu atmen und mir in meinem Kopf auszumalen ob ich als nächstes Ukulele spiele oder meine Bernsteine schleife, doch irgendwann, und das weiß ich ganz genau, wird sich dieser Bauch der Gemütlichkeit rächen, der mir da gerade wächst. Das geht nicht lang gut. So nett man auch nun dahinlebt, ein echtes bürgerliches Generation-X Dasein führt unter meinen eigenen Erwartungen, irgendwann muss dann was raus, sei das aus dem simplen Grund, etwas zum Essen zu brauchen oder einfach, weil der eigene Kopf nicht mehr mitmacht. Ich bin zu mehr geboren, als ich gerade jetzt leiste. Und die Vecinos-Perdidos-Nachwehen müssen jetzt auch langsam aufhören. Ich kann nicht ewig von den zwei Wochen emotional leben und ewig danach suchen, wie ich diesen zweifellosen Erfolg weiterführen kann, denn da schauts einfach nicht gut aus. Klar, ich könnte weitermachen, ich könnte wirklich in Schulen gehen und unterrichten, sehr gerne sogar. Ich könnte auch die Maccabiade organisieren, auch sehr gerne, doch... solange es kein konkretes Angebot gibt ist es mir einfach mittlerweile zu unbefriedigend von solchen Ideen zu leben.
Irgendwas anderes muss her. In diesem Eintopf kochen ein paar Zutaten, die vermeintlich nicht zusammen passen und andere, die aufglegt gut sind. Aber wenn man ein Original schaffen will, muss man eben kreiren, was auf den ersten Blick vielleicht als konfus aussieht.

Donnerstag, 4. März 2010

Nummer 30

Heut ist es so weit. Da ich nicht in Wien bin und auch nicht in Buenos Aires, fallen die Aufmärsche und Staatszeremonien aus, denn in Chiapas scheissen sie auf sowas und außerdem kennen sie mich noch zu wenig.
So, jetzt ist es soweit, jetz gehör ich dem Club der 30er an... jojo..... so is des... a bissi an Schnupfen hab ich.... najo, vergeht auch, so wie die 20er hoho.

Naja, ruhig ist es bis jetzt. Ich bin gemütlich aufgestanden, hab voll Zufriedenheit in meinem Kopf den Entschluss wiederholt, dass ich nicht arbeiten gehen werde, so quasi als eigenes Geburtstagsgeschenk. Und nach dem Mate auf der Couch in unserem neuen Wohnzimmer(chen) bin ich Richtung Telefon aufgebrochen. Am Weg dorthin hat mich die Omi angerufen und ich hab einige Zeit mit ihr und Opa gequatscht. Dann bin ich in die Casa del Bagel und hab mir ein Frühstück de luxe gegönnt und mit der Neudeggergasse und sogar mit Adrian geskyped. Viele Leute waren dort und irgendwie, obwohl es nur kurz war und ich weit weg bin habe ich mich sehr gefreut. Die Lili, meine Kollegin, war dann doch mehr an Adrians Engelshaar interessiert als an unserem Geburtstag, aber ich denke, dass das mit einem Jahr auch ok so ist. Auch der CP hat mir ein Sumsi geschrieben, was mich unglaublich gefreut hat und der STL hat mich angerufen und wir haben fast eine halbe Stunde telefoniert... dann hab ich noch kurz im Kinoki vorbeigeschaut, wie die Arbeiten laufen und bin nachher letztlich noch zum Telefon marschiert und habe Abu angerufen.
Der Rest ist Bett und Erholung... Soweit so ruhig... es ist wirklich ruhig und wenn ich mir etwas zum Geburtstag wünsche, dann ist das genau diese Ruhe.
Mein Leben ist ein einziger (emotionaler und/aber) schöner Stress momentan, sodass ich ständig innerlich und äußerlich wie ein aufgschrecktes Hendl umadum renne und nicht weiß, wo mir der Kopf steht. Es ist sehr viel los. Ich beschwere mich keinesfalls, ganz im Gegenteil, aber ich muss zugeben, dass ich müde bin. Seit Tagen werde ich eine leichte Verkühlung nicht los und manchmal, wies eben so ist, wenn man müde ist, stürzt die Laune auch ab.
Naja, Changueroti, unsere Pizzeria rennt so dahin und das Projekt ist lustig und großartig. Das Ambulante Filmfestival naht heran und ich sollt endlich die Beiträge für das Buch fertigmachen. Das sind so die Hauptpunkte in meinem Kopf. Dazu kommt natürlich eine ständige nicht negative Beobachtung meiner Beziehung und der sehr körperlich arbeitsintensive Umzug vom alten Kinoki ins neue Kinoki. So schaus aus... viel eben... zum Denken komm ich nicht allzu viel, doch genug. Es macht mir großen Spass, was ich tue und ich bin sehr glücklich in San Cristobal.
Für poetische Gefühle oder Worte bin ich heute (im Moment) noch zu müde, bzw. in Siestastimmung, doch in ca 5 minuten werde ich aus dem Bett aufstehen, mir die Schuhe anziehen und mich ins Stadtleben werfen. Dann schauma weiter. Favricio hat eine wirklich lustige Einladung in seinem Newsletter zu meinem Geburtstag verschickt und auch wenns finanziell nicht so rosig aussieht, wird das wohl ein Besäufnis in Perfidia werden. Vorher werd ich jetzt bei Caro in der Pizzeria vorbeischauen. Warum sie jetzt noch arbeitet und nicht bei mir ist, ist mir ein Rätsel.
Ich liebe Caro sehr und bin mit vielen bzw. fast allen ihrer Ansichten einverstanden, doch ich hab oft wirkliche Probleme mit der Art und Weise wie sie Dinge kommuniziert bzw. v.a. nicht kommuniziert. Insofern könnts mit ihr mometan besser rennen, auch wenns wirklich gut ist.
Die großen Reflexionen, ob mit 30 jetzt das Leben anders ist oder wird spar ich mir, denn das werd ich schon sehen. Ich bin mir sicher, dass das Leben anders wird, aber aus dem einfachen und plumpen Grund, dass das Leben ständig anders wird.
Und insofern, ein bissi steril, lass ich das Schreiben für heut und schau mir einmal an, was da draußen so los ist.
Ich stoß heut auf Lili an, auf Heimo, auf John und auf mich selber... najo, dann bin ich eh schon halbwegs anduselt, wenn man die Höhe bedenkt hehe

LEICHT JUNG FRISCH, und hoffentlich bald nicht mehr verkühlt

Sonntag, 14. Februar 2010

San Cristobal de las Casas

Nach einer Woche kann man ruhigen Gewissens sagen, dass wir angekommen sind. Und auch wenn die Umstände nicht die besten waren ist doch sehr viel passiert.
Die Ankunft war edelsüß und wunderschön, das Wiedersehen mit dem Ort und den Menschen war großartig. Die Herzlichkeit mit der ich willkommen geheißen wurde von Favricio, Beto, Marisol, Chaco, Aaron, Eckard etc... hat mich tief berührt. Mari hat uns gegen Erwarten bei sich zu Hause einquartiert, einem sehr schönen Haus, den Hügel der Cristobal Colon hinauf gelegen, mit Blick über große Teile der Stadt. Für Caro war es viel, doch ich denke, dass sie mittlerweile gesehen hat, wie die Dinge hier funktionieren und dass das alles viel leichter und entspannter ist als es auf den ersten Blick scheint. Nach einer Woche denke ich doch, dass die Dinge hier sehr gut sind, auch wenn noch sehr viel passieren muss und wird.
Entspannt bin ich trotzdem noch nicht ganz, doch vielleicht ist das ein Teil dieser jetzigen Reise, die ich nun einmal mit Caro erlebe und ich aus meiner Position und eigenen Haut nicht herauskann.
Auch wenn es sehr platt ist, das extra zu betonen, möchte ich trotzdem unterstreichen, dass es etwas ganz Anderes ist, allein zu reisen als verheiratet zu zweit zu reisen. Es ist ein Lernprozess und ich hoffe, dass wir den beide weiterhin meistern. Natürlich wären die Dinge allein sicherlich leichter und billiger, doch allein wäre ich ohne Caro, und da wäre ich dann allein... und da würde ich mich dann auch wahrscheinlich allein fühlen.
Mexico DF, Oaxaca und Mazunte waren, von den Orten her, spektakulär und ich habe mit Caro dort wunderschöne Tage durchlebt. Dennoch war ich verspannt und Caro war noch mehr verspannt. Zu dominant war die Frage nach dem Ziel und zu viel Wichtigkeit hatten diese Momente vermeintlicherweise. Egal wie es tatsächlich war, easy und entspannt war es nicht wirklich.
Letzten Freitag gab es dann die Wiedertreffen in Kinoki und Perfidia und eine angenehme Wärme trat in mein Herz.
Am Samstag feierte Favricio seinen Geburtstag in Perfidia und das vorprogrammierte Desaster nahm seinen Lauf. Favri hatte mir angekündigt, dass der Kater drei Tage dauern würde und als wir beide darüber kurz schmunzelten war keinem klar, wie wahr diese Prophezeiung sein sollte. Als Caro und ich um halb 7 nach Hause gingen war noch alles voll im Gange. Angeblich gings bis halb 11.
However, der Tag danach war ein Katertag der schönsten Sorte, den wir hauptsächlich im Kinoki und d.h. im Internet zubrachten. Dann mieteten wir einen Kinosaal und nach ein paar Zügen an meiner Pfeife war die Welt so scheinbar wieder in Ordnung. Sie war aber gar nicht in Ordnung, denn schon während der Vorstellung wurde mir komisch kalt.
Am nächsten Tag hatte ich dann über 38 Grad Fieber, die zwar bis einen Tag später wieder vorüber gingen, doch da setzte dann schlimmer Durchfall ein. Komischerweise ging es aber nicht nur mir so, sondern sehr vielen Leuten, darunter auch Mari.
Ich hatte keine Schmerzen oder Krämpfe, es war nur so, dass für zwei Tage lang, alles, was in meinen Mund reinkam, ca 30 Minuten später aus dem Omega des menschlichen Körpers in Überschallgeschwindigkeit wieder hinauskam.
Vorgestern hab ich mich dann an den Rat einer alten Frau erinnert, die mir in einer nicht unähnlichen Situation vor 7 Jahren ebenfalls in San Cristobal geraten hat, Papayasamen zu essen. Diese extrem widerlichen kleinen Kügelchen, deren Geschmack scharf wie Radieschen sind haben aber eine derart heilende Wirkung, dass seit gestern mein Körper wieder voll ok ist und all das, was sich vorher in meinem Körper spektakulärst abspielte, spielt sich jetzt in meiner Umwelt ab.
Erstens bin ich jetzt lokaler Koordinator des internationalen Kinofestivals Ambulante, das von 19.-25 März in San Cristobal Station machen wird. Und entgegen jeder Befürchtung werde ich sogar einiges an Geld verdienen. Das habe ich Beto zu verdanken, der momentan zu sehr mit dem Umzug von Kinoki beschäftigt ist, als das es diese Aufgabe auch noch erledigen könnte.
Inzwischen geht in Wien, denke ich, doch einiges bei unserem Buchprojekt weiter und mein eigenes Buch, d.h. meine Diplomarbeit, ist seit kurzem tatsächlich käuflich zu erwerben.
Doch dann kam ein großes Dilemma. Caro und ich waren bei Favricio zu hause, ein großartiges Haus mit Unmengen an Platz und dem minimalistischen perfekten Stil, den ich mir für Favris Wohnung vorgestellt habe, und er hat mir die Küche von Perfidia voll und ganz für ab in einer Woche angeboten. Ich konnte das Angebot nicht glauben und habe mich sowohl als Mensch als auch als Koch unglaublich gefreut. Doch trotzdem werde ich sein Angebot nicht annehmen können. Warum? Weil ich am 9.5. nach Wien fliege und dann, befürchte ich, erst Mitte Oktober zurückkommen kann. Und mehr als 5 Monate Loch sind für ein ernstzunehmendes Angebot lächerlich. Seit zwei Tagen zerbreche ich mir den Kopf und es wurd mir unglaublich leid tun, wenn ich heute zu ihm hingehen werde und ihm, nach meiner eigenen Initiative, sein großzügiges Angebot ablehnen muss. Man kann jetzt Dinge denken, wie "Es geht eben nicht alles zugleich" oder "Tja, das kommt davon, wenn man sich nicht entscheiden kann, wo man lebt", oder ähnliches... Ich denk einfach nur "Schade...." nicht mehr und nicht weniger. Ich hoffe, dass er nicht beleidigt ist.
However, es gibt aber schon ein weiteres Projekt, das im Gegensatz zu Perfidia auch durchaus umsetzbar scheint. Nicht weit von hier, nur eineinhalb Block entfernt ist eine kleine Pizzeria, die Yman gehört und die er nicht haben will. Caro und ich werden dort für dienächsten 2,5 Monate wahrscheinlich ein kleines Lokal aufmachen und Empanadas und Tartas verkaufen, mit Wein und Gaseosas.
Jetzt wird dann bald amal Yman vorbeikommen, hier im Kinoki, um über Details zu sprechen........
Vielviel passiert, so viele Möglichkeiten und die Uhr tickt dahin. Ich bin gespannt und ständig auf hundert. Vielleicht hats mich deswegen vor ein paar Tagen so stark erwischt.
Es sind Tage der Aktion, kaum Zeit für Reflektion. es gibt viele viele Dinge zu lösen im Alltag. Wir suchen noch immer Wohnung und stehen zwischen der Option, weiter bei Mari zu wohnen, oder doch selbst etwas zu mieten. Caro will sofort woanders hin... doch das ist ein ganz anderes Kapitel, da es laut ihr "keine zwei Frauen in einem Haushalt geben kann". Mein Verhältnis zu ihr ist gut, doch es könnte besser sein.
Ich fühle mich oft zwischen meinem eigenen Leben und meinem Eheleben in und hergerissen und versuche Kompromisse zu vermeiden.
Doch es ist gut... das, was hier jetzt und hier passiert ist gut. Es tut gut. Es ist kein Urlaub und auch kein Kindergeburtstag, aber es ist gut.
Gianca hab ich nach vielen Jahren auch wiedergetroffen und es war großartig und lustig.
Ich freue mich einfach mit so vielen hervorragenden und bewundernswerten Menschen und Lebenskünstlern die Stadt zu teilen. San Cristobal hat buena onda. Und mittlerweile fühl ich mich auch schon wieder leicht jung frisch. Mein Körper fühlt sich schon wieder viel besser als in Buenos Aires an. Jetzt muss ich nur noch ganz in mich selbst zurückfinden und wieder schreiben lernen. Ich denke, dann passt wieder alles.
Wenn es so weitergeht und als Würze etwas Poesie hinzukommt kann es kaum etwas besseres geben, denke ich.

LEICHT JUNG FRISCH

Sonntag, 10. Januar 2010

The day after...

So schnell kanns gehen.
Ein bisschen Fahrrad gefahren, ein bisschen geschwitzt. Dann das erste Mal in meinem Leben so richtig und konzentriert Yoga gemacht, dann, wie sichs für Freunde der fernöstlichen Philosophie gehört, in einer All You can eat Parrilla gewesen und ca drei Kühe gegessen und dazu viele rote Spritzer getrunken und letztlich in der Casona Humahuaca noch viel mehr Spritzer getrunken.
Bei Sonnenaufgang nach hause gekommen, jetzt viel zu früh wach, mit Kopfweh vor dem Computer und jeden Moment kann mir bei der Hitze der Kreislauf eingehen.

Der Körper fühlt sich gut an.

Alles ist, wohin es gehört ;-)

Alles ist gut.

Samstag, 9. Januar 2010

Last Days...

Neunter November elf Uhr dreißig, Maure, ich bin gerade aufgestanden und sitze in der Küche. Mein Hirn ist noch beim Warmlaufen, zumindest Mate habe ich schon gemacht. Neben mir brummt der alter große Kühlschrank. Er ächzt, weil es schweineheiß ist. Mir ist noch nicht heiß, noch bin ich zu verschlafen.
Heute ist der letzte ganze Tag in Maure, ob es weitere geben wird weiß nur die Zukunft. Aber heute werde ich meine Sachen nach Oro bringen. Morgen kommt Flor und zieht in mein Zimmer.
Seltsam und unangenehm dieses Gefühl. Seltsam und unangenehm fühlt es sich an, wenn ich mir überlege, dass ich den Platz verlasse, der mich in Buenos Aires buchstäblich gerettet hat. Wenn es in dieser Stadt einen Ort gibt, bei dem ich tatsächlich das Gefühl habe, dass er meiner ist, dass der Ort, seine Bewohner zu meinem Leben viel Wesentliches beigetragen haben, und ich selbst die Möglichkeit hatte, zu diesem Ort viele Dinge und Momente beizutragen, dann ist es Maure 3971/2. Innerlich will ich nicht weg. Das, was mich Maure verlassen lässt, sind die Zeichen der Zeit.
Es muss was weitergehn. Es muss was passieren, und manhcmal muss man eben Orte, an denen man sehr bequem in einer Seifenblase lebt, auch verlassen, um neue Horizonte kennenzulernen. Aus heutiger Sicht sage ich dass ich unbedingt zurück will, doch vorher muss einiges passieren. Vorher wird einiges passieren, so viel ist klar. Aber well, egal was passier, egal wie sich das Rätsel des letzten und nächsten halben Jahrs auflöst, dieser Beitrag hier ist Maure und mir und Maure gewidmet, dem Ort, wo Hansi geschlafen hat bei Projekt-Factfinding Missions, wo Carmen, Babs, Peter Uray, etc. mit mir getrunken und gegrillt haben, wo ich mit Roberto lange zusammengelebt habe, wo ich Caro fast kennengelernt habe, für den mich tausende beneidet haben, wo ich tausende kennengelernt habe, wo Ariel und Fernando immer willkommen waren, den ich dank Nati gefunden habe, wo der Hercules zu hause ist und wo ich tausende Stunden zu jeder Tageszeit und in jeder Gemütsverfassung mit Hernan, Sil, Ursula, Isa und vielen anderen mit Wein, Drogen, Mate, nüchtern etc. zugebracht habe.
Ich will Maure nicht verlieren. Ich werde Maure aus meinem Herzen nie verlieren. Und wenn diese Worte sehr nach Abschied klingen, dann ist das deswegen, weil ich selbst eine Linie zeichnen muss, um mein Leben zu ordnen und etwas Neues, Anderes zu beginnen. Wahrscheinlich komme ich auf meiner Reise noch öfters hier vorbei, egal was passiert.
Am schwersten fällt der Abschied von Mostachita... doch es beruhigt mich zu wissen, dass ihr der Abschied von mir wahrscheinlich nicht ganz so schwer fällt wie mir von ihr, oder dass sie sich zumindest nicht ganz so klar darüber ist. Merkwürdigerweise bildet man sich selbst ein, wenn man so beim Kistenmachen und Zusammenpacken ist, dass Mosti sehr wohl mitkriegt, was los ist, dass sie übersensibel ist und Nähe sucht. Doch wahrscheinlich ist das einfach das Produkt einer nostalgischen melancholischen Wunschvorstellung hehe.
However, wenn schon Mostachita nicht sensibel beieinander ist, ich bin es sicherlich.
Gestern habe ich die ersten Kisten und Taschen mit dem Taxi nach Oro gebracht. Danach sind Caro und ich in den Alto Palermo gefahren und haben ein Leiberl umgetauscht. Sponatan kam es dann zu einem der exquisitesten Abendessen, die Maure jemals gesehen hat und dieses war einfach nur würdig, würdig des Sommers, würdig eines Abschieds, würdig der Teilnehmer, einfach digno.
Ein halbes kilo Lachs, ein halbes Kilo Langusten, ein halbes kilo Rabas. Und das ganze in Tacos. In Maure angekommen haben wir einen Riesenpot Guacamole gemacht, die Dose eingelegte Chilis geöffnet. Dann den Lachs gehäutet und gewürfelt, in Olivenöl fest angebraten und dann mit einem Schuss Soyasauce, in paar Tropfen Sesamöl udn einer Hand voll gehacktem Koriander und Zitronensaft vollendet. Die Rabas in Mehl und Salz gewendet, und in einem Finger hoch Öl gebraten und die Langusten in dem, was vom Lachs in der Pfanne blieb mindestens fünf Minuten gebraten.
Es war ein Festessen, vor allem mit diesen roten Jalapeños und der perfekten Guacamole. Ein Festessen. Danach noch ein paar mal in die Reste der Drei-Husaren-Torte reingestochen, die von Caros Cumple über war und gewürzt mit einem porrito und ein paar Bieren war für einen verheirateten Mann wie mich eh bald Schluss.
Es ist innerlich und äußerlich einfach viel momentan. Nicht deswegen, weils so viel Stress wäre, nein das war vor etwas mehr als einem Jahr um einiges mehr, sondern weil auf mich ständig Fragen und Anforderungen einprasseln, wo ich oft nicht ganz weiß, wie ich damit umzugehen habe. Es ist als würde ich sehr kopflastig leben, und meine Art der Träume in der Nacht und meine Art Porros zu rauchen geben mir recht. Ich schaffe es nicht, loszulassen, egal um welche Uhrzeit. Doch es ist nicht so, dass ich nicht loslassen kann, obwohl ich es unbedingt herbeisehne, ich bin weit entfernt von Panik. Irgendein Teil in mir drinnen will einfach nicht loslassen. Es ist als gäbe es in mir einen Motor der ständig auf Standgas läuft und hin und wieder Bereitschaft signalisiert endlich loszulegen... und auch insofern ist es gut, sich zu bewegen, damit was weitergeht.
Und ich bin bereits mitten drin in meiner Neujahrsreflexion. Über allem drüber steht, dass ich mich "eigentlich" (und da ist dieses Wort schon wieder) nicht beschweren kann, da mein Leben süß und gut ist, da mein Leben in seiner Alltäglichkeit eine gute Basis bietet, für all die Verrücktheiten die mir einfallen (oder die mir momentan eben nicht einfallen... oder schon?).
Wenn ich etwas nicht bin, dann ist es ausgeglichen. Mein Körper fühlt sich an, als ob er alles, was (energetisch) auf ihn einprasselt panisch akkumuliert, für irgendeinen Zeitpunkt, wo man es brauchen könnte. Ich schlafe viel, ohne ausgeschlafen zu sein. Ich esse viel ohne satt zu werden. Ich reagiere auf viele Erfordernisse des Alltags und des Lebens gut und intelligent. Ich löse Probleme und denke, dass ich großteils guten Einfluss auf meine Mitmenschen habe. Ich teile was ich habe und freue mich, wenn andere darüber glücklich sind. Aber ich mir fehlt der Überblick. Ich weiß zwar, wo ich gerade stehe und mit wem, aber ich emotional bin ich taub. Ich fühle es einfach nicht. Ich habe schon Gefühle und zwar ziemlich intensive, aber ich habe kein G'spür dafür, was da grad so los ist. Mir fehlt der Überblick.
Wenn ich schreibe, dann benutze ich die Wörter in meiner Sprache dafür um zu beschreiben, was ich glaube, dass grad los ist. Doch die Poesie fehlt.
Es passiert einfach sehr wenig, dass ich herumsitze oder herumliege und auf einmal Lust auf irgendwas habe. Ich habe kaum Lust. Ich bin in einem Mechanismus drin, der seinen eigenen Gesetzen gehorcht, die ich größtenteils selbst bestimmt habe. Das klingt ja sehr gut, fühlt sich auch sehr gut an, aber es gibt eine dunkle Zone, wo Fragen auftauchen.
Mein Kopf dominiert mein Sein. Ich habe Angst davor, zu erwachsen geworden zu sein. Ich schaue mir The Wall an und könnte vor Emotion weinen, genauso wie beim Neujahrskonzert... aus irgendwelchen Gründen, die ein Rätsel für mich sind. Der innere Psychotherapeut mach schlechte Arbeit im Alltag. Ich habe Angst davor, als Subjekt, als Summe meiner Eigenschaften, langsam in meiner Persönlichkeit so gefestigt zu sein, dass aufrüttelnde Impulse von außen es immer schwerer haben in mich einzugreifen. Das hat sicher mit meiner Ehe und mit meinem Status bei der verlorenen Nachbarschaft zu tun. Der reisende Alex ist sehr langsam geworden. Und ich weiß noch nicht, ob ich tatsächlich damit einverstanden bin. Ich kann auf einmal mit allen reden. Ich kann ohne Probleme einen Abend mit Menschen verbringen, die mich überhaupt nicht interessieren und das als Teil des ganzen akzeptieren. Ich kann auf einmal mit Menschen eine Stadt teilen, ohne ihnen unbedingt sagen zu müssen, was ich von ihnen halte, einerseits um ein Verhältnis mit ihnen zu schaffen, andererseits über eigene Fehler zu lernen.
Ich bin zu allein in meinem Kopf, in meiner Gipfelhöhle am Alexberg.
Ich habe das Gefühl, dass nur ich mir selbst sagen kann, was richtig für mich ist und abgesehen davon, dass das extrem arrogant ist, ist das auch extrem traurig.
Marx sei Dank ist das aber nicht so. Zum Glück gibt es hin und wieder Momente, wo andere Menschen, wie z.B. Nati und Hernan, um Caro jetzt einmal wegzulassen, mir Dinge zeigen, die mich weiterbringen und mir die eigene Lächerlichkeit aufzeigen.
Wenn ich merke, dass ich lächerlich bin bin ich auf einmal sehr beruhigt und eine warme Entspannung durchfährt meinen Körper. Auf einmal fällt dann die ganze (Pseudo-) Verantwortung von mir ab, die ich mir aufgehalst habe und ich bin beruhigend menschlich.
Wie ein verdurstender in der Wüste weiß ich diese verstörenden Gedanken zu schätzen, die mich auf den Kopf schlagen und mich fragen, mit wem ich eigentlich wie und wozu meine Zeit verbringe. Die simple Erkenntnis, dass ich eben genau nicht dazu fähig bin, mit Menschen, die ich nicht mag, einen Abend zu verbringen ist wie Ambrosia für meine kritische Seele.
Ein neues Jahr fängt an, entweder morgen oder spätestens am 26.Jänner, dann gehst ab nach Mexico.
Das Jahr 2009 war spektakulärst wie eine 365 Tage andauernde Hochschaubahnfahrt. Das Jahr 2009 hab ich mit Kathrin in Bolivien begonnen. Mit Kathrin habe ich mittlerweile keinen Kontakt mehr und das Verhältnis ist Stoff meiner selbstanalytischen Träume. Ale habe ich seit über einem Jahr nicht mehr gesehen und leider ist sie nach wie vor als böses Gewissen präsent in meinen Träumen, v.a. seit wir wieder in Buenos Aires sind. Ale ist nicht als Ale präsent, sondern als Kobold, dessen theoretische Existenz stört und die Harmonie bedroht. Ich würde nur allzugern zugeben, dass das ein offenes Thema ist, das ich erledigen muss und auf eine meiner vielen to-do Listen hinzufügen. Aber so ist es nicht. Es gibt hier, meines Wissens nach und nach vielen Gedanken, nichts zu erledigen. Es gibt nichts, was ich tun oder nicht tun könnte. Ich glaube, das ist etwas, was ich in meinem eigenen Leben, in meinem eigenen Kopf lösen muss. Ihre Präsenz in meinen Träumen ist die Lehrstunde, die mir mein eigenes Schicksal gespielt hat, dass ich wenn ich jemanden wie einen König behandle, dass selbst wenn ich das Gefühl habe, nur gutes (im Sinne von meiner Meinung nach produktives) für einen Menschen zu tun und dabei selbst frei sein will (und dabei aufpass, dass es nicht auf Kosten von wem anderen geht) dass das Schaden anrichten kann, oder zumindest Schaden sichtbar macht, der vorher schon versteckt existiert hat. Ich habe keine Schuld an Ales Desaster, aber es tut mir einfach leid, dass das passiert ist, was passiert ist. Ich hätte gerne, dass sie aus meinem Leben verschwindet, denn sie nimmt den Platz ein, den ich mit "externes Übel" bezeichnen würde. Sie ist das, was in dieser Welt ganz falsch rennt, sehr nahe von mir existiert, jedem Tag könnte ich ihr über den Weg laufen, und aber unveränderbar für mich ist. Sie ist der Punkt in der Welt, wo ich mich als aktiver Mensch geschlagen geben muss und die üblen Dinge einfach akzeptieren muss, wie sie sind und mich aus Selbstschutzgründen einfach davon distanzieren muss. Ein hässlicher Gedanke, der vielleicht Teil des Erwachsenwerdens ist. Mit Kathrin ist es dasselbe, aber mit ihr habe ich nicht zusammengelebt. Es ist ein schiacher Moment im Leben, wenn man erkennt, dass man sich "Feinde" gemacht hat, ohne einen Grund zu finden, wo man unehrlich war oder Scheiß gebaut hätte. Denn selbst wenn (im Fall von Kathrin) mir irgendwer tausendmal erklärt, warum am Ende Gack dabei herausgeschaut hat, wird es mir emotional (von meinem Standpunkt aus) immer noch nicht klar, warum das jetzt so ein Misverhältnis sein muss. Und der Punkt ist, dass (im Fall von beiden) sie diejenigen sind, die weitaus mehr darunter leiden (litten) und ich einfach nur aufgrund meiner eigenen Sensibilität und Freundschaft/Liebe mir Gedanken mache und manchmal traurig bin.
However, Caro hat den wichtigen Schritt getan und ist nach Bolivien gefahren. Dort hat alles mit ihr angefangen.Bolivien war großartig und ist in diesem Tagebuch und auf unseren Fotos besser dokumentiert, als ich es jemals hier wieder aufrollen könnte. Bolivien war der Anfang eines Jahres voller Farben und Erkenntnisse und voller Schritte Richtung Zukunft.
Mexico danach war eine süß-salzige Bombenmischung aus allem. Es war eine Reise, die ich mir seit Jahren schuldig war. So wie jetzt habe ich mir das Ticket gekauft, ohne emotional davon überzeugt gewesen zu sein. Doch von der Minute meiner Ankunft an war mir klar, dass es einer der besten Entscheidungen meines Lebens war.
All das, wonach ich mich seit Jahren gesehnt habe war dort. Und es war noch viel viel viel mehr. Die Wüste hat mich schwitzen lassen, der Pferderitt zum Peyotl hat meinen Körper paniert und geklopft wie ein Schnitzel. Mexico DF. war die Begegnung mit dem internationalen Touristendasein. Die Wüste war die Nemesis, Maruata war die Erholung, San Cristobal und Cuba waren das Leben danach. In Maruata habe ich zu mir selbst gefunden und war (wie Jahre zuvor in San Miguel de Allende) nach langer Zeit wieder in meinem Dasein entspannt und ich selbst. In San Cristobal wurden diese Aspekte dann wieder herausgefordert und Alex hat Blut geleckt und sich voll ins Geschehen geschmissen. Cuba war eine Reise mit all ihren Pros und Contras. Cuba war unglaublich.
Und dann irgendwanneinmal währenddessen ist mir klar geworden, dass die ganze Sache mit Caro viel ernster ist, als ich das gedacht hätte. Und bald bin ich (verfrüht) zurückgekehrt, wie haben uns im Bunker Oro eingesperrt und auf einmal war ich verheiratet.
Und so ging die Hochzeitsreise nach Wien. Und die Reise nach Wien war diesmal wirklich eine Hochzeitsreise. Sie war wunderschön und unsere Busreise durch Westeuropa war fast schon dekadent, so gut war sie.
Doch in Wien, nach der ersten Hälfte des Jahres 2009 hat genau das angefangen, was sich später teilweise gegen mich kehren sollte: nämlich das Verantwortung übernehmen, das aussortieren und Prioritäten setzen. Ich war in Europa nicht "der" Ale sondern meine Aufmerksamkeit gehörte zu einem sehr großen Teil Caro. Ich wollte unbedingt, dass die Chance, dass sie es dort großartig hat, nicht verfliegt und beschloss, auf natürlichste Weise, immer aufmerksam den Weg so zu gehen, dass eine gute Mischung aus Ferien und Alltag entsteht. Quasi eine Schnupperzeit. Doch das hat mich viel Kraft gekostet, v.a. gemeinsam mit all den anderen Vorkommnissen dort. Es hat auch viel Kraft gebracht, doch unterm Strich ein wenig mehr gekostet. Mit Babsi gabs einige desencuentros, die sich im Laufe der Zeit erledigen werden, die aber deswegen nicht erträglicher werden. Die Eltern haben sich (genauso wie die Großeltern) sehr gefreut, denke ich, dass es eine Caro in meinem Leben gibt und so waren die Begegnungen größtenteils sehr gut. Mit meinen Freunden (auch Roberto) hatte ich wenig profunden Kontakt und da spürte ich das erste Mal, dass ich zwar in einer Welt lebe, aber zwischen mir und ihr eine zu große Watte-Pufferzone ist. Zu leicht fielen mir die Erklärungen, zu einfach habe ichs mir gemacht, weil es sich andernfalls mit zeit und Emotion nicht ausgegangen wäre. Diesmal bin ich Wien und deren Bewohnern noch einiges schuldig. Ich bin zu aufmerksam Caro gegenüber, trage sie auf Händen (gemischt mit einigen heftigen Streitereien, die die einzige Funktion haben, auf die Erde zurückzukehren).
Dieses Stadium hält bis heute tendenziell an. Ich habe, so wie ich es immer wollte meine Beziehung in meinen Alltag integriert. Ich habe meine Beziehung in meine Träume inkludiert. Die beiden Dinge widersprechen sich nicht, da Caro bei allem dabei ist. Vielleicht ist das einer der Aspekte, der mich so verwirrt.
In meinem bisherigen Leben standen meine Beziehungen und Verhältnisse immer in krassem Widerspruch zu meinen Illusionierereien über diverse Verrücktheiten. Und auf einmal lebe ich mit einer Frau, die bei alldem dabei ist und mitmachen will. Wenn jemand derartig in Dich eindringt ist das manchmal verstörend und man sehnt sich nach Zeit für sich selbst. Vor allem wenn dieser Mensch ein lebendiges Wesen ist, das kommt und geht wann es ihm passt. Da passieren eben Momente, wo dieser Mensch aktiv höchst präsent ist, wenn man alleine sein will oder auf einmal fehlt, wenn man sich zurücklehnt und sich von der Anwesenheit des anderen massieren lassen will. Genau das ist ein Phänomen, das mich viel, über alle Maße beschäftigt und zu viel Raum in meinem Denken einnimmt. Es nimmt genau den Platz ein, den ich früher damit füllte, Gitarre zu spielen, zu träumen, Dummheiten anzustellen und auszudenken. Ich muss damit Umgehen lernen und bin gerade dabei. Ich muss, für uns beide, einen Weg finden, der es mir garantiert, frei zu fühlen und zu denken, ohne dabei meine Liebe zu vernachlässigen. Wenn ich das nicht schaffe, geht die Beziehung kaputt, denn wenn ich in meinem leben etwas gelernt habe, dann ist es, dass meine eigene Person innen drin zu stark ist, als dass sie sich selbst aufgeben könnte, auch wenn es manchmal kurz so aussieht.
Denn wenn ich ehrlich mit mir selbst bin wird mir klar, dass ich zwar unendliche Texte über Abhängigkeit und Selbstaufgabe (die Zweifel und Angst davor) geschrieben habe, doch das ist letztlich nur ein Zeichen dafür, dass sich beim geringsten Ansatz in diese Richtung etwas ganz stark in mir drinnen dagegen wehrt.
Die Zeit in Buenos Aires von Oktober bis jetzt war sehr seltsam. Sie hat mir all dieses Emotionschaos verdeutlicht und mich dazu gebracht, dass ich das fühle und denke, was ich gerade schreibe.
Ob es eine gute Zeit war, wird sich in der Zukunft, mit mehr Distanz herausstellen, so ganz spontan ist mir das nicht klar.
Ich genieße meine Zeit mit Caro und manchmal sehe ich sie an und packe es nicht wie sexy sie ist und wie intelligent sie innen drinnen ist, wie patschert sie oft mit ihrem eigenen Leben und unserer Beziehung umgeht und machmal würd ich sie gern abwatschen, wenn sie in ihre bürgerliche, oberflächlich-materialistische Ich-weiss-alles-Onda fällt. Sie ist verletzlich wie ein Kind und offen für jegliche Form der Kritik. Sie freut sich über mich in ihrem Leben und kann es selbst nicht fassen, so wenig wie ich, oder vielleicht noch mehr, dass wir einander getroffen oder gefunden haben. Sie hat ein riesiges Chaos innen drin, das durch mich sicherlich keine "einfache", aber dafür eine profundere (;-)) Lösung findet. Hoffentlich hehe
Es rennt gut... ja, doch, nach all dem, was ich nun geschrieben und gedacht habe komme ich neuerlich zu der Erkenntnis, dass es gut rennt, ohne Zweifel.
Aber ich habe den Rhythmus noch nicht gefunden. Ich bewege mich immer weniger. Manchmal wird es mir einfach zu viel.
Doch vielleicht hängt das wirklich damit zusammen, dass ich kaum bis nicht alleine bin, dass ich nicht weiß, meine Zeit allein so zu nutzen, dass ich erfüllt bin.
Es ist einfach wirklich seltsam. Ich schäme mich fast, wenn ich sudere, doch vielleicht wäre es das Gesündeste, einfach einmal draufloszusudern.
Ich bin mit entscheidenden Details an mir selbst nichtzufrieden. Ich bin mit meinem Schreibstil nicht zufrieden. Ich bin nicht damit zufrieden, dass Philosophie und Kunst in meinem Leben fehlt. Ich sollte seit langem meinen Textbeitrag für Vecinos Perdidos schreiben, doch bin einfach nicht einverstanden mit dem, was aus mir rauskommt, erstens weil ich im Kopf ganz woanders bin und zweitens weil meine Schreibhand eingeschlafen ist.
Das muss anders werden.
Vieles wird anders werden und dass wir am 26.1. ein Ticket haben gibt mir eine kleine Portion Zuversicht, die mit einem realen Tag verbunden ist. Es fehlen noch zwei Wochen bis dahin und ich wünsche mir über alles, dass in diesen zwei Wochen viele dieser Dinge, die mir Kopfzerbrechen bereiten eine Lösung finden, die es mir ermöglichen, neue Herausforderungen mit der Lust und Aufmerksamkeit zu beginnen, die ihnen zusteht.
Ich selbst überlebe, so viel ist klar... das ist der Punkt, auf dem ich mich nie ausrufen darf... das Geheimnis ist es "gut" zu leben und profunden und produktiven Einfluss auf die Welt auszuüben, in der man sich bewegt und die Menschen (und sich selbst) so zu bereichern, wie es der Horizont, den man sieht, gebietet.

Maure, auf diese Art und Weise sage ich vorerst "Chau". Ich hoffe, dass unser gemeinsames Leben irgendwann und irgendwie weitergeht. Danke für alles, danke für all die Wunder, die wir hier drinnen kreiert haben. Danke für die Freude, die Du denjenigen brachtest, die meine Gäste hier drinnen waren. Danke.

Viva Mostachita!

Willkommen 2010

Leicht Jung Frisch

Ale

Dienstag, 17. November 2009

Rubik? Schmubik!!!

Haaaaaaa!!!!
Eigentlich wollt ich heut ohnehin schreiben, aber aus einem ganz anderen Grund (und dazu später) doch gerade ist etwas revolutionäres passiert. Gerade soeben war einer dieser Momente im Leben, wo es ein davor und danach gibt, eine neue Zeitrechnung beginnt in meinem Leben. Vieles, was davor war ist nun abgeschlossen, viel was kommt erscheint am Horizont und viel, was ich bei mir trage muss neu bewertet werden. Es erfolgt ein Wechsel im Paradigma, vergleichbar mit der Entwicklung der Moderne zur Postmoderne. Auf ganz Nietzscheanische Weise schreibe ich mich nun in das Buch der Menschen ein, die auf einer anderen Ebene stehen, als die meisten. Gerade fühlte ich, wie der Engel der Weisheit mich in die Wolken hob und mich kurz unerahnte Weiten sehen ließ.
Und wie so oft werden die Kriege nicht in den Schlachten entschieden, sondern bei Momenten, die unvorhergesehen alltäglich sind.
Gerade bin ich von Maure aufgebrochen und bin nach Oro gefahren. In meinem Kopf war ein Knoten, da mein Tag tendenziell unbefriedigend war. Ich wartete auf den 39 und fühlte in meiner Hosentasche, wie so oft, den Rubikwürfel.
Ich setzte mich in den 39 und dann passierte es. Mit den Gedanken weit abgeschweift, eine angemessene Portion auf die routinehafte, aber dennoch doch bedachte Art und Weise, die Ebenen und Scheiben innerhalb der beinahe schon beklemmenden 3-Dimensionalität des Würfels herumzuschieben zogen die Blocks an mir vorbei und ich näherte mich meinem Ziel. Ich atte bereits meinen Rucksack so am Schoß, dass ich bereit war auszusteigen und drehte nocheinmal so herum, überlegend, ob jetzt, wenn bei jenem Dreh unten das weiße Feld rechts war, es nachher eh unten erscheinen müsste, und auf einmal......... war er ganz....
Und ich wollte dem Busfahrer ins Gesicht schreien, doch da war schon meine Parada. Und so sprang ich aus dem Colectivo raus und spazierte, um einen Deut aufrechter, die Mundwinkel um ein paar Millimeter höher voller Angst auf der Straße, dass die Welt nun vielleicth doch enden würde.
Jaaahre habe ich mit diesem Würfel gelebt. Über Jahre habe ich ihn wieder aufgenommen und wieder weggelegt. Über Jahre hab ich nicht gewusst, ob das vollkommene Zeitverschwendung war oder als Hirntraining doch noch um einen Deut sinnvoller als Sudoku ist.
Ich wollte ihn gleich wieder zerlegen, schon jetzt in Sehnsucht nach meiner Jungfräulichkeit und seiner Präsenz. Doch nun ist es vorbei. Jetzt beginnt etwas Neues.

ICH HABE DEN RUBIK-WÜRFEL HEUTE GESCHAFFT!!!!!

So, und nun zu den anderen Details:
Abgesehen davon, dass ich seit gestern ein halbes Jahr verheiratet bin und dass ich gestern eun Abenteuer der seltenen Sorte erlebt habe, nachdem ich mit Nati und Ariel das Stadion von San Lorenzo verlassen habe, wo San Lorenzo gegen Independiente 0-3 verloren hat und wir, weil sie uns bei einem ganz anderen Tor rausgeschickt haben und wir nicht mehr zrück zum Auto fanden und somit komplett verloren in einer, bzw. am Rande einer Villa Miseria herumirrten und froh sein können, noch am Leben zu sein (und ohne Popo-Weh), passieren innen in mir in der letzten Zeit unglaublich viele Dinge.
Lange habe ich gebraucht um überhaupt einen Ansatz zu finden für die blubbernde Suppe, die in meinem Magen und Herzen herumwerkt... und vielleicht habe ich noch immer keinen, doch eines ist mir klar geworden.
Ich bin innerlich extrem aufgerührt, es bewegen sich viele Dinge und es staut sich nach und nach vieles auf. Meine innerliche Unzufriedenheit steigt und steht im krassen Gegensatz zur Süße meines täglichen Lebens.
Ich bin unbefriedigt, unterfordert und orientierungslos. Ich bin ständig beschäftigt, aber nichts erfüllt mich mit Ehrgeiz. Klar, ich will die Sachen gut machen und denke, dass auch einiges am Weg ist. Aber innerlich bin ich extrem unruhig, was oft in starken Stimmungsschwankungen zum Ausdruck kommt.
Und ich glaube, dass ich nun ansatzweise weiß, woran das liegt: ich habe kein Konzept... und damit meine ich auch, dass "nach seinem Herzen gehen" ein Konzept ist. Ich höre keine innere Stimme, die mich selbst von außen beobachtet und mir sagt, was ich tun soll... nicht unbedingt, was das richtige ist, doch was ich tun soll. Mir fehlt es an Identität.
Dabei muss ich doch sagen, dass ich andererseits vor Identität strotze... aber diese meine ich nicht. Ich meine nicht mein Selbstbewusstsein, bzw. mein Selbstvertrauen, das ist wohl da, und in vollster Pracht... ich meine mehr ein Gefühl, wo ich hingehöre... Und da sind wir bei einem Schlüsselschluss: Ich habe Wien noch nicht verdaut. Ich habe das heuer dort erlebte noch nicht angesehen, noch nicht reflektiert. Ich weiss noch gar nicht, was und wie das war.

Und jetzt kommt gerade Caro nach hause... morgen schreib ich weiter........ LJF!

AUFM RUBIK!

Mittwoch, 11. November 2009

Maure Anfang November

Viele Möglichkeiten, viele gemischt Gefühle, viele Entscheidungen und ich seh mich nicht ganz raus, wohin ich soll und was ich fühle.
Es ist definitiv eine Phase der Transición.
Sollen wir nach Mexico? Sollen wir im Jänner tatsächlich die Rucksäcke packen und nach Chiapas abhauen? Wäre das dann Mexico, dort leben, Teil 2? Noch ein Versuch?
Ich kanns mir einfach noch nicht vorstellen. Ich lebe täglich mein eigenes Leben und dennoch kann ich mir nicht einmal die Gegnwart vorstellen? So oft dieses Gefühl von "What tha fuck I'm doing here?" in einer zynischen, nicht leidenden Art und Weise.
Meine Tage sind voll ausgefüllt. Die Beziehung, die Ehe, mit Caro nimmt ihren Lauf und manchmal bin ich mir nicht ganz sicher, wie ich dazu stehen soll. Es fühlt sich gut an, doch es produziert in meiner innersten Persönlichkeit Konflikte im Alltag, die mich stören und die ich nicht loswerden will. Es ist, als ob ich fast glücklich bin, wenn sie auftauchen, und dann lass ich mich fast fahrlässig gehen, in sie. Caro ist eine großartige Person und wenn ich mir unser Leben gemeinsam ansehe, ertrage ich die Harmonie manchmal nicht und muss sie einfach brechen, wie ein kleiner Bub, der auf einer Sandburg herumtritt, um sie nachher glücklich wieder aufzubauen.
Ich laufe hier gezielt ziellos in dieser Riesenstadt mit ihrem eingebetteten Existenzialchaos herum. Persönlich habe ich ein schönes Erlebnis nach dem anderen. Ich lebe von meiner eigenen Kraft, von dem was ich bin und von dem, was Vecinos Perdidos, und das bin nun einmal ich hier in den Augen der Menschen, ausgelöst hat.
Es war und ist sehr wichtig, was den Menschen, denen dieses Projekt gewidmet war und ist, gegeben wurde. Es ist großartig, was ich für diese Menschen verkörpere, ohne es möglicherweise zu sein... und da meine ich alle, die gestern, am 9.11. in den Parque Thays gekommen sind und viele mehr.
Gudrun Graf mit ihrem Mann plus Chauffeur Mariano, Alicia Todesca, Julia Hahn, Felix Schmer, Carla, Fernando mit den zwei chicos aus Bet El, Ari und Diego, Fredi und Patricia, Caro, Hernan und Uki Goñi... fantastisch, weil ehrlich.
Das, was ich bewirken wollte, haben wir mehr als erreicht. Jetzt stehe ich zwischen der Freude darüber, der ehrlichen Freude und den Gedanken, ob ich das weiterhin alles erfüllen kann und will. Von sozialer Ehre bekomm ich nichts zu essen, obwohl es mir an Essen momentan noch nicht mangelt. In den Menschen liegt eine Hoffnung, dass ich kreativ vorantreibe, weiterlaufe in die eingeschlagene Richtung, und vielleicht bilde ich mir das alles nur ein. Ich frage mich, ob es nicht genau der richtige Zeitpunkt wäre aufzuhören. Seit 4 Wochen pflege ich, auf die aufrichtigste Art und Weise und mit minimalem Kalkül Kontakte. Ich folge meinem Herzen und teile mein Leben mit anderen.
Und dabei ist mir noch nicht ganz klar, wo ich hingehöre. Es ist einfach ein Gedanke, der in den Jahren der Verlorenen Nachbarschaft beiseite geschoben war.
Manchmal wundere ich mich über die geistige Leere eines Samstag Nachmittags, über ein beängstigendes Gefühl der Sinnlosigkeit und Langeweile... und dann komm ich drauf, dass diese Gefühle vor dem Projekt zu meinem großen Alltag gehörten, gemischt mit der Sorge um meine zögerliche Diplomarbeit.
Mein "to do"-Zettel ist voll mit Dingen, die ich erledigen muss, die aber alle in eine Richtung gehen, die keine Herausforderung darstellen. Und ich denke, dass es oberflächlich daran liegt: Ich bin so arrogant zu glauben, dass ich mehr Herausforderung brauche. Mir ist das Eheleben und die Verlorene Nachbarschaft zu wenig Witz und Reiz, mir persönlich. Mir fehlt der Kitzel momentan, der mich wie eine Peitsche rennen lässt und mich kreativ antaucht.
Ich pendle zwischen Oro und Maure und bin kaum wo zu Hause, oder überall. Mir geht nichts ab, und dennoch ist mir das alles noch ein bisschen zu wenig. Ich rede viel darumherum, aber letztlich geht es wahrscheinlich darum, dass ich a) an finanzielle Sorglosigkeit gewöhnt bin, dass ich b) daran gewöhnt bin, ständig etwas zu tun zu haben und c) dass das auch andere Leute und mich ständig weiterbringt.
Es geht mehr, als das was ich momentan tue. Es ist mehr drin... und ich bin noch auf der inneren Suche, wo ich das genau anpacken soll, in welcher Form sich das ausdrücken könnte. Im Sigmund-Freud-Haus? Vielleicht... aber das ist ein verschleiertes Monstrum, das nur manchmal ansatzweise sein Antlitz entblößt.
Von Wien weiß ich gar nichts, außer von meiner Familie... Und innerlich habe ich das, was ich mir auch vorwerfen kann, aufgegeben, den Kontakt zu halten. Es ist sinnlos... und bei aller Liebe zu meinen Nächsten, zu meiner Familie und meinen Freunden, mach das eine Rückkehr auf längere Zeit sehr unwahrscheinlich, zumindest vorerst.
Aber Mexico? hmmm... Mexico ist tief in meinem Herzen und natürlich, sobald sich in meinem Körper ein Bild formt, wie das dort sein könnte, lacht es. Wenn ich mit Andi Kontakt habe und er mir erzählt, dass er Mari in San Cristobal getroffen hat, erwacht ein warmes Gefühl der Liebe und Sehnsucht in mir... Aber irgendwas steht da noch im Weg. Ich sehe das sehr rational... ich kann mir die Sache mit Caro dort einfach nicht vorstellen. Es ist nicht so, dass ich sage, dass das nicht klappen würde, ich hab einfach nur keine Ahnung, wie das sein könnte.
Ich war in Mexico immer eigenverantwortlich, hab "on the edge" gelebt und Dinge durchgezogen, die wahrscheinlich nur allein gehen, keine Ahnung.
Maruata ist für mich ein heiliger Ort und es wäre sehr bitter für mich, wenn Caro es dort, z.B. aufgrund der Santärlage, nicht mögen würde... und sei es wie es sei, das ist ein Druck, mit dem ich meine Träume nicht belasten will, innerlich.
Vielleicht stelle ich mir das deswegen nicht vor.
Hier in Buenos Aires ist es leicht, sich eine Zukunft vorzustellen, weil ich meine Gegenwart hier lebe, weil diese Gegenwart ziemlich gut ist und flüssig funktioniert.
Die Begeisterung bleibt aus, klar, weil die Superlative fehlen, weil ich Distanz zu Menschen habe.
Ich liebe meine Mitbewohner, Her und Isa. Nati ist eine heilige Person für mich. Doch irgendwie ist seit meiner Rückkehr alles anders als früher. Mit Nati kaum, aber da bemühen wir uns beide darum. Aber mit den anderen... ich bin verheiratet, und das spürt man. Die anderen verhalten sich anders. Oder ich verhalte mich anders, oder es fühlt sich einfach anders an.
Ich bin derselbe... ich werde immer derselbe bleiben. Aber mein Verhalten ist sicherlich anders...
Ich darf nicht den Fehler machen und mich gehen lassen... nicht so sehr aufgrund der anderen, sondern mehr meiner selbst willen. Ich muss weiterschaffen, und das im postivien Sinn und nicht um des Schaffens willen.
Ich muss mehr Philosophie betreiben. Mehr denken, mehr schreiben, mehr arbeiten zumindest innerlich. Es gibt so viele Dinge, die mich reizen würden, so viele Dinge, die ich gerne tun würde, die eine Gefühlswaschmaschine auslösen, die mich aus dem Rhythmus bringt.
Musik ist momentan kein Thema, obwohl ich sie herbeisehne. Ich bin weder selbst musikalisch kreativ, noch erreicht die Musik, die ich höre mein Herz. Die Öfen schmecken mir, der Wein schmeckt mir, aber der Wein- oder Bier-Rausch entspannt mich nicht. Die Stunden der Entspannung entspannen mich nicht.
Am Samstag habe ich Stunden am Balkon in Oro, bei Verkehrslärm, Interviews zusammengekürzt, bis ich leicht Kopfweh hatte und meine Augen quadratisch waren... dann war ich zwar offen, etwas zu unternehmen, in der Welt da draußen, doch irgendwie war ich sehr glücklich, als wir zu hause blieben.
Ich habe keine Lust auf die Porteño-Gesellschaft... darüber bin ich hinausgewachsen. Ich habe keine Lust auf diese Treffen, wo alle inhaltslose Infos austauschen und es nur darum geht, lauter als der andere zu schreien und über permanente Kommunikation ein momentanes Gefühl der Zusammengehörigkeit zu erschaffen. Ich habe keine Lust auf mittelmäßige Parties, die um 3 in der Früh losgehen, sich alle abküssen und dann zu 80er Nummern im Kreis tanzen... ich halt die Mittelmäßigkeit nicht aus...
Und ich tu den Menschen ständig unrecht, weil ich so ein Pendejo bin, der sich abkapselt und dann von der Loge aus sarkastisch schimpft.
Aber aus mir schreit es heraus, dass ich Inhalt brauche. Ich hätte gerne ein oder tausende interessante Gespräche. Ich will Dinge erfahren, ich will Liebe erfahren, ich will so richtig auf jemanden wetten können.
Und was diese Gedanken betrifft, wenn ich diesem Gedanken folge, dann muss ich fast nach Mexico gehen, denn hier ist das alles sehr unwahrscheinlich, zumindest sieht es momentan so aus...
Manchmal werde ich einfach Opfer meines eigenen Schweinehundes und bin einfach faul. Ich bin einfach faul, und das ist ein Teil an mir, den ich in Zeiten der Erschöpfung sehr schätze und in der inneren Unruhe nicht leiden kann. Mir fehlt die eigene Antriebskraft, das Freud-Projekt weiterzutreiben. Von Julio kommt dabei nichts... er war gestern nicht einmal beim Gedenkmoment und auch wenns eigentlich wurscht ist, nehm ich ihm das freundschaftlich ein bisschen übel... aber so ist das nuneinmal hier. Das große Manko von Buenos Aires ist, dass man sich auf niemanden verlassen kann, buchstäblich und zu 100%. Man kann sich auch mittlerweile auf mich nicht mehr verlassen, weil ich draufgekommen bin, dass ich anderenfalls in der Luft zerissen werde. Ich sehe nicht, wie ich hier irgendwas in einer Gruppe schaffen sollte... zumindest nicht auf meine Art und Weise... ich kann nur selbst etwas machen und andere quasi "einteilen" und hoffen und dahinterstehen, dass das auch funktioniert.
Will ich das? Vielleicht ist das der große Konflikt in mir selber drin, dass ich bestätigt bekomme, was ich seit langem fürchte. Nämlich, dass ich mich selbst in Gruppen auf die Dauer nicht wohlfühle und die Mechanismen nicht ertrage und letztlich Dinge allein durchziehe, mit Unterstützung der anderen. Das gefällt mir nicht... mein politischer Teil im Herzen hängt an dem naiven Glauben an eine Basisdemokratie, an das Funktionieren des politischen Bewusstseins jedes Wesens, das in Gesellschaft lebt, wenn man es walten lässt. Es wird nach und nach verdrängt von der Erkenntnis, dass wenn was weitergehen soll, man es selbst machen muss und die Initiative bei einem selbst bleibt.
In Buenos Aires sehe ich nicht, wie das widerlegt werden sollte, daran glaube ich nicht. In Mexico schon, da sind die Menschen so verrückt, dass ich tief überzeugt bin, meinen Horizont auf ungeahnte Tiefen erweitern zu können... Doch das ist eine Entscheidung. Verabschiede ich mich (temporär) von dieser Idee und gehe weiter in die Richtung, die ich eingeschlagen habe und tue einfach... oder vertaue ich auf die Magie eines Landes und lasse mich riskanterweise von einer Welle tragen, die mich ins zeitliche und existenzielle Ungewisse trägt.
Vielleicht hat mich auch meine letzte Mexico-Reise in Verbindung mit meinem Wienaufenthalt (und Bolivien) auf eine seltsame innerliche Bahn gebracht, die ich überdenken sollte.
Mexico 2009 war vielleicht die wichtigste Reise meines Lebens. Ich habe sie zweifelnd begonnen und war vom ersten bis zum letzten Moment überwältigt. Und das alles, weil ich allein war und weil ich genau so war, wie ich 6 Jahre vorher sein wollte. All das, was ich 6 Jahre vorher erträumt hatte, war 2009 so und noch viel schöner. Ich habe dort endlos Energie getankt und Mexico bekam einen Stellenwert, den es schon vorher tendenziell hatte, nämlich den einer nicht ungefährlichen Energietankstelle. Nicht ungefährlich, weil die Zeit dort auch trügt und bisher immer in kleinen Dosen genossen wurde... Man unterstreiche, dass ich, obwohl ich so oft in Mex war, nie länger als 4 Monate durchgehend dort war. Immer bin ich abgehauen, immer aus einem gelegenen Grund, immer ist mir Mexico bereits am Flughafen abgegangen und immer dachte ich mir, dass es Krautfleckerlmäßig der richtige Zeitpunkt war um zu gehen... und jetzt soll ich aus der Ferne ein langfristiges Verhältnis eingehen, das Caro und mich betrifft.
Gesellschaftlich wäre ich fast verpflichtet dazu, mein Botschafts-Leben weiterzuführen... das liegt auf der hand, doch das ist alles nur genauso fiktiv, wie alle gesellschaftlichen Druckmechanismen fiktiv und manipulativ sind. Manipulativ, weil sie vernünftig sind und deswegen einfach recht haben, wenn ich es auf die Waagschale lege... doch der Gebrauchswert ist im Gegensatz zum Tauschwert eben leider keine quantitativ vergleichbare Größe.
Die Moderne hätte es sich herbeigeträumt, Gebrauchswerte vergleichen zu können, doch der qualitative Wert einer Lebensgestaltung lässt sich nuneinmal nicht vergleichen, weder im eigenen Leben, wenn ich eben eine Sache tue und eine andere nicht, noch intergesellschaftlich, wenn ich eine Sache tue und jemand anderer eine andere. Jeder Versuch, Liebe, Leben oder sonstige Qualitäten zu vergleichen muss notwendigerweise scheitern, ab einem gewissen Punkt. Es lassen sich weder Revolutionen, noch Liebespartner, noch man selbst in verschiedenen Beziehungen noch Regierungen vergleichen, qualitativ.
Und in dem ganzen Gefasel von Gruppe und Individuum, von sich einem Mythos ergeben, sich tragen lassen, oder auf sich selbst vertrauend, Dinge in die Hand zu nehmen, widerspricht mein eigenes Sein dem ganzen Diskurs. Meine Erziehung und Ausbildung widerspricht von Grund aus einem gesellschaftlichen Dasein, wahrscheinlich. Wenn jemand Philosophie studiert, d.h. die Kunst erlernt (oder zu erlernen versucht), sich selbst von seiner Lebenswelt zu abstrahieren im Moment der Analyse, bzw. sich selbst zu betrachten innerhalb eines sozialen Kontextes, kommt es sofort zu dem inneren Widerspruch, dass ich mich auf der einen Seite und alles andere auf der anderen Seite sehe... oder mich selbst innerhalb eines Meers aus Variablen und Zufällen. Im Ansatzpunkt jegliches Gedankens bin zu einem gewissen Grad immer ich selbst in einer unterstrichenen Position enthalten, egal ob ich will oder nicht... und somit sind wir bei unserem alten Problem der Subjektivität bzw. des Methodenzirkels...
Worauf wollte ich hinaus? Ich wollte auf einen inneren Konflikt hinaus, der mich ständige allein sein lässt, weil ich mich selbst dazu entscheide. Durch die Art und Weise meines Lebens baue ich ständig Mauern, baue ich mir ständig ein Schloss, dass ich dann ständig wieder zerstören muss, um nicht den Kontakt zu den Menschen zu verlieren, weil ich sie zum leben brauche und lieben will. Es geht dabei dual um seltsamen Mauern. Einerseits können es Mauern eines Palastes sein, den ich meinen Lebensraum nenne, meine Lebenswelt, an der ich arbeite, in die ich Freude bringen will und mit vielen von mir geliebten Menschen teilen will, solange sie mich nicht ausnützen. Ich will für mich und die Menschen, die ich liebe eine Welt schaffen, die in die Realität gebettet, ein lebenswertes leben bietet und wo Anwälte und Psychotherapeuten arbeitslos sind. Schon die Sinnlosigkeit der eben erwähnten Aspiration lässt diesen Palast und diese Mauern in einem seltsamen Licht erscheinen. Und auf einmal werden die Mauern zu Schutzmauern, vor sich selbst und vor den anderen, vor diesem unüberschaubaren Monster, das die äußere Welt darstellt. Dieses Monster wird ständig eingeladen, um es zu dekonstruieren, doch im Zweifelsfall will man doch die Tür zumachen können.
Und sobald man weiss, dass man im Zweifelsfall auch die Türe zumachen kann fühlt man sich schon ein bisschen sicherer und ein bisschen alleiner als vorher. Auf einmal ist es, als ob Gesellschaft keine Notwendigkeit, sondern eine Entscheidung wäre, ein tiefer Irrtum. Auf einmal glaubt man, dass man eine Blase bilden kann... und auf einmal versteckt man sich und aus der Unbekannten wird eine neue Angst geboren, die Angst, den Status quo nicht erhalten zu können und/oder zu wollen...
Zu deutsch... um das abgehobene Gefasel zu beenden: Mich langweilt meine Außenwelt, oder zumindest bin ich weit von ihr entfernt, und das stört mich. Das stört mich v.a. an mir selbst, weniger an den anderen, denn die können da nichts dafür... und ich bin schon wieder tief in der Eitelkeit... Warum nehme ich mir heraus, dass mich das nur an mir stört? Warum glaub ich, dass nur ich dafür verantwortlich bin? Warum tue ich so abgeklärt und "entschuldige" emotional jegliches Handeln der anderen? Ist das gut so? Soll ich nicht vielmehr andere aktiv kritisieren? Soll ich auf Konfrontation gehen? Steht mir das zu? Bringt mich oder die anderen das weiter? hmmm... soll ich mir mehr Zeit für andere nehmen? Ich weiss zum Beispiel überhaupt nicht, ob ich zu viel oder viel zu wenig Zeit mit anderen verbringe...
Oft sehne ich mich nach Einsamkeit und dann passieren wieder die einsamen Momente, wo ich zwar nicht weiß, warum und mit wem ich mich treffen soll, aber den tiefen Drang habe, mich irgendwo aktiv wohl zu fühlen......
Es ist ein langer Weg zu sich selbst... Faktum ist, ich muss noch viel schreiben, und viel denken und vielviel ordnen.
Schaumamal... Leicht Jung Frisch

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