Donnerstag, 15. Oktober 2009

Schon wieder hier!

Alles ist vorbereitet, mein kleiner Hof ist gekehrt, geschrubbt, entmistet, der Griller aufpoliert, Hernan arbeitet im Zimmer neben mir, irgendwo beschwert sich Mostachita, gleich werde ich das Feuer anwerfen.
Wars letztes Jahr auch so kühl um die Jahreszeit?
Vor einem Jahr ist Roberto hier angekommen und hat sich gleich einmal verkühlt und drauflos gehackelt.
Vor einem Jahr hat uns Mostachita fast jeden Tag im Morgengrauen einen halbtoten Vogel zum Bett gebracht...
Und vor einem Jahr hatte ich genug andere Dinge im Kopf, als mir über das Klima Gedanken zu machen.
So langsam komme ich wieder an in Argentinien und wie immer ist immer alles ganz anders und komischerweise auch ganz gleich. Das, was wirklich herauszustreichen ist, ist, dass diese Abreisen und Ankünfte mittlerweile ganz tief in mir drin zu einem Alltag geworden sind. Sie werden deswegen nicht schöner oder trauriger, aber sie haben an Überraschungseffekt verloren.
Irgendwo in der Stadt geistert Caro herum und kommt hoffentlich bald.
Vor 5 Tagen sind wir angekommen und haben uns gleich voll ins Geschehen gestürzt. Für Caro ist das alles sehr neu und oag, glaub ich.
Es passt alles, indem es nicht passt. D.h. Argentinien funktioniert nach wie vor nicht bzw. einfach zum Scheissen, nach wie vor mache ich Ausflüge ins Zentrum, um irgendwelche Dinge zu erledigen und nach wie vor dominieren die leeren kilometer am Weg dazu, irgendetwas zu erreichen, und seis nur ein U-Bahn-Ticket. Aber insofern ist alles beim Alten und fühlt sich gewohnt und vertraut an.
Gestern hab ich Julio getroffen udn mit ihm über das Freud-Projekt gesprochen. In meinem Kopf geistert so viel herum. Ich muss nur endlich einmal die Ruhe finden, das alles zu ordnen, das alles niederzuschreiben, das alles zu konzipieren.
Ich muss überhaupt einmal meinen Kopf, der auf 100000 rennt seit monaten zur Ruhe kommen lassen udn einmal tief in mich hinienschaunen. Das ist es, was ich schon lange nicht gemacht habe. Es fühlt sich zwar alles sehr gut und richtig an, was ich tue udn was so um mich herum passiert, und die Zuversicht läßt mich nach wie vor weitersurfen, doch langsam wächst in mir die Gewissheit, dass ich einmal Pause machen sollte, einfach innehalten sollte um einmal hineinzuschauen in mich und zu checken, ob das alles eh im Sinne des Erfinders ist.
Ich glaube, dass das so ist, aber mit Gewissheit sagen könnte ich es nicht. Doch dazu braucht es wirklich den richtigen Moment. Momentan sind die Eindrücke, die Erfordernisse des Moments viel zu dominant, als dass ich, selbst wenn ich hier sitze, allein, auch nur ansatzweise reflektieren könnte....
So, und insofern geh ich jetzt einmal das Feuer anwerfen.
Que viva el Hercules!!!

Leicht Jung Frisch

PS: Der Beitrag ist dem Roberto gewidmet und seiner Ankunft vor einem Jahr.

Freitag, 14. August 2009

Der lächerlich kurze Versuch einer Bestandsaufnahme - oder - Wie ich mich fühle - oder - I'm not there...

14.8.2009
Omi Geburtstag und insofern, auch wenn sie vielleicht wenig direkt damit zu tun hat, ist dieser Eintrag ihr gewidmet.
Ewig ist es her, dass ich geschrieben habe. So viel ist passiert und schon so viele Einträge haben so angefangen. Also wird es Zeit für einen Augenblick des Festhaltens eines Momentes mitten auf einer Hochschaubahn. Alles ist, wird und bleibt anders, und dieses Mal bin ich selber innen drin stark davon betroffen. Ich bin anders geworden, nicht grundsätzlich, aber sozial und in der realen Lebenswelt.
Alles ist gut, nicht unproblematisch, aber gut, in mir drinnen. Ich sitze in Panamá, in der Neudeggegasse, es ist Freitag Mittag, nach einem langen Langedienst, der anfangs nach Totalflop gerochen hat und dann doch noch in die Höhe geschossen ist. Im Zimmer links von mir schläft Babsi nach einer Feier, die doch länger gedauert haben dürfte, im Zimmer rechts von mir sitzt Caro im Bett mit ihrem Computer. Roberto ist seit in der Früh arbeiten, sein letzter Tag vor dem wohlverdienten Urlaub. Einen Stock über mir werken Carmen und Hansi, so wie sichs für einen Freitag gehört nach ein paar Einkäufen am Brunnenmarkt und sonst wo in der Wohnung herum und alles ist mitten in einem sonnigen August-Alltag. In der Ruhe des Sommers und der Onda der Stadt werden auch sonst belastende Probleme zwar nicht kleiner, aber doch leichter erträglich. Die Zuversicht ist einfacher, wenn einem heiss ist, wenn man auf die Straße geht und man eine Sonnenbrille braucht um in die Stadt hineinzulachen, oder sich vom Dampf des heißen Asphalts tragen lässt.
Wir sind ein gut zusammengewürfelter Haufen, wo jeder voll in seinem Ding ist und seinem Weg nachgeht. Es ist keine Zeit der großen Gespräche, der vielen Worte. Jeder versucht selbst, Meister seines Alltags zu werden, doch dabei sind wir alle in einer gewissen Weise gemeinsam. Man fühlt die Anwesenheit der anderen als beruhigende Konstante, die einen wie ein Netz aus leicht schwierigen Situationen auffängt. Es ist schwierig, etwas, was unartikuliert einfach passiert und nur sehr unterschwellig fühlbar ist, in konkrete Worte zu fassen, da es mir dadurch sofort entschwindet und sich transformiert. Ich denke, dass wir alle hier, in dieser 6er WG eine ganz verschiedene Art und Weise haben, momentan das Leben zu sehen. Ich denke, dass jeder gerade für sich selbst Wege und Arten findet, tätig zu sein und Attitüde zur eigenen Welt zu denken und zu leben. Das gilt nicht nur für den zurückgekehrten Roberto, für die deutsch-lernende Caro, die ständig rennende Babsi, den konstant zuversichtlichen Hansi, die atemholende Carmen oder mich, der ich auch gerade dabei bin, einen Paradigmenwechsel zu vollziehen, von dem ich nicht weiß, ob er mich wieder an den Anfang, oder ganz woandershin führt.
Ich sehe meine Mitmenschen, Freund und Familie mit anderen Augen als früher. Ich bin älter geworden und in irgendeiner Form, direkt, indirekt, als Ursache und/oder Konsequenz hat meine Hochzeit damit zu tun. Ja, ich bin verheiratet und wenn es 1000 oder kaum einen Unterschied zu einer „normalen“ Beziehung gibt, ist mir eines sehr wohl klar, nämlich, dass dieses gemeinsame „Projekt“ des Zusammenlebens von einem „Schaumamal“ zu einem konkreten Umstand geworden ist, der den Hauptteil meines Tages erfüllt. Viel Zeit, die ich mit mir selbst und für mich selbst verbracht habe, gehört jetzt Caros und meinem Ding. Mehr noch, als in bisherigen Beziehungen, oder eben ernster, konkreter... einfach anders. Morgen vor drei Monaten haben wir geheiratet und immer noch schwanke ich, wenn ich mir selbst die Frage stelle, ob sich mein leben dadurch verändert hat. Mein Leben hat sich garantiert verändert, es hat eine klare Richtung eingeschlagen, die es Anfang des Jahres keineswegs hatte. Doch ob das jetzt durch die Hochzeit ist, oder die Hochzeit eine Konsequenz aus einer gewünschten, gefühlten, evidenten und akuten Veränderung ist und war ist unmöglich oder nur schwer zu sagen. In Wirklichkeit ist es auch ganz egal, die Frage ist einfach nur so poppig. Was wesentlich ist, ist dass ich irgendwann zwischen Projektende und heute einen Prozess angefangen habe, der meine Haltung zu meiner Umwelt gravierend verändert und meine Philosophie der Praxis betrifft.
Ich beschäftige mich, wenn ich einmal dazukomme stets mit existenziellen Fragen, die vor allem meine/unsere Zukunft betreffen. Ich stehe an einem Moment wie nach meiner Matura, nur noch viel größer, viel eigenverantwortlicher. All die Verpflichtungen der letzten zwei bis drei Jahre sind von mir abgefallen. Die Uni ist weit weg, in Sichtweite, doch gut, dort wo sie ist, weit weg. Das Projekt ist vorbei und doch gibt es täglich ein gewisses Echo, egal, ob das von der Botschaft ist, von dem deppaden Bankkonto in Argentinien, ein Konzert vom Adi, zu dem meine Eltern gehen, ein Anruf vom Walter Manoschek oder ein konkretes Jobangebot von Ariel Muzikant. Doch ich genieße den Luxus, das aus einer gewissen sicheren Ferne zu betrachten. Die großen Projekte sind vorbei und die Kraft habe ich nachher auf meinen Reisen getankt. Für mich selbst habe ich den großartigsten Menschen Caro Johnson kennengelernt und noch dauert es ein bisschen, bis mir das Geld ausgeht. Meine Zeit hier in Wien ist voll mit Beschäftigungen, die, obwohl sie oft anstrengend sind und ich mich auch in diesem Moment bereits innerlich und äußerlich sehr müde fühle, nie aufhören, süß zu sein. Ich bräuchte vielleicht ein bisschen mehr Zeit für mich selbst, so für mich alleine, aber well... das fällt unter die Kategorie Genug ist nie genug. Ich stehe vor einer großen richtungweisenden Entscheidung, für zwei Menschen. Ich habe Verantwortung übernommen, als ich ja gesagt habe, als wir gemeinsam nach Wien geflogen sind, als ich gesagt habe, mach Dir über das Geld vorerst keine Sorgen. Tja... und manchmal schaue ich mich selbst in den Spiegel und kann es einfach nicht glauben, wo ich gerade stehe und wo ich mich gerade selbst sehe.
Also folgt ein Selbstportrait dieses Moments. Ich bade mich gerade in einer unglaublichen inneren Ruhe. Die aus einer unglaublichen Selbstsicherheit aus einem unendlich scheinenden Selbstbewusstsein und eine großen Portion Zuversicht kommt. Die Reflexion des Projektes, Caro in meinem Leben, und die Abwesenheit von akuten Geldsorgen lassen mich einfach unendlich tranquilo sein. Der Umstand, dass ich weiß, dass Maruata zum Greifen nahe existiert und dass allein der Gedanke daran meinen Körper mit Entspannung erfüllt, macht mich innerlich einfach glücklich. Nicht deswegen, weil es einen Fluchtpunkt gäbe, oder weil ich eine „Insel“ gefunden habe, sondern weil ich von mir selbst gesehen habe, dass ich das, was ich mir seit Jahren gewünscht, herbeigesehnt und vergessen habe, dieses Jahr intensiv erlebt habe. Ich war in Mexico, ich war dort allein und ich habe dort all die verbrauchten Teile meines Körpers und meiner Seele mit unendlich viel Energie aufgeladen. Ich habe gesehen, dass ich meiner Umwelt in dieser Ruhe und dieser Fülle an Kraft viel mehr Kraft geben kann und viel mehr da sein kann, als je zuvor, auch wenn ich deutlich distanzierter lebe. Dass es einen Ort gibt, einen Weg, um die Batterien wieder aufzuladen bringt unglaublich viel Zuversicht ins Leben. Und Zuversicht ist der Schlüssel zum Glück. Zuversicht st das, was so viele Menschen in der Religion, im Alkohol oder sonst wo suchen. Innerhalb des Chaos und der Anstrengungen des Alltags zu wissen, dass es irgendwo zumindest eine Steckdose gibt, an die man sich einfach nur anhängen braucht, ohne sonst viel dafür zu brauchen, sich dort einfach selbst zu genügen, dass dieser Platz zum Greifen nah ist schafft ein Bewusstsein über sich selbst und eine innere Ruhe, die so schön ist, dass es mich manchmal erschrecken lässt.
Der Punkt am Erwachsenwerden ist, dass man den anderen mehr Eigenverantwortung zuspricht, die droht in Wurschtigkeit auszuarten. Die anderen sind mir einfach mehr egal als früher. Ohne Zweifel ist das schrecklich, doch vielleicht täusche ich mich ja, aber die anderen wollen ja auch, dass sie einem egaler sind als früher. Jeder ist in seinem Ding drin, niemand will, das sie einen leiden sehen, jeder will es verstecken und selbst wenn man um Rat fragt, bleibt man es doch selbst, der sich wie Münchhausen am Zopf herausziehen muss.
Macht, im Sinne, dass man Menschen dazu bringt, sich freiwillig dazu zu entscheiden, etwas zu tun, was man selbst für sie für richtig hält, ist etwas sehr subtiles. Das klingt extrem manipulatorisch, ist es aber nicht. Vielleicht kommt die Zeit ja wieder, aber momentan habe ich keine Lust, irgendjemandem zu sagen, wie er leben soll, und ich glaube auch nicht, dass das so viele hören wollten. Momentan bin ich so auf dem „Jeder ist seines eigenen Schicksals Schmied“-Trip. Individualistisch und sozial Egozentrisch, so auf die Tour „Sei frei und tu was Du willst, solange Du andere damit nicht gefährdest.“ Hiasi, mein hermano, ist bei seiner Kirche und in Wirklichkeit geht mir das bis ins Rückenmark gegen den Strich, doch einerseits gibt es in mir so viel Selbstkritik, dass ich mich selbst bremse und sage, dass ich zwar meinen, aber nicht urteilen darf, da ich dazu viel zu wenig Infos habe. Andererseits, wenn er fragen würde, würde ich ihm meine Meinung sagen, wenn ich ihn fragen würde, würde ich mehr erfahren... doch dazu kommt es momentan nicht. Man könnte allerdings das Wort Selbstkritik mit Gleichgültigkeit oder Distanz ersetzen. Das Motto, dass jeder seinen eigenen Weg geht, hat sich voll durchgesetzt. Ich bin anti-revolutionär im klassischen Sinn, in beiden Bedeutungen: ich bin wahrscheinlich das, was man klassisch als antirevolutionär bezeichnen könnte und anti, was eine klassische Revolution, d.h. das Durchsetzen von Ideen über eine aktive Tätigkeit, die das Alte (meist gewaltsam) beseitigt und durch das normativ Neue ersetzt.
Ich kann mir vorwerfen, mich auf meinen Lorbeeren auszuruhen, auf meiner trägen Selbstzufriedenheit fett zu werden, doch irgendwie habe ich das Gefühl, dass das ein Lauern ist, das auf meinen Zeitpunkt wartet, wie ein Skorpion in die Gesellschaft reinzustechen. Die Revolution lebt in mir und wird dort (hoffe ich) immer leben, doch wie sich das veräußert, wage ich nicht zu vermuten. So viele Menschen haben diese Sätze schon formuliert und sind dann paralytisch fett geworden, ohne jemals etwas getan zu haben. Darauf muss ich aufpassen. Ich bin ein klassischer induktiver Denker, der vom konkreten zum Allgemeinen geht. Die Revolution muss in einem selbst beginnen und dann im engsten Umkreis stattfinden, bevor man in die Welt gehen kann oder etwa generelle Theorien und Konzepte verfasst. Es sind immer die Konkreten Lebensumstände in Zusammenspiel mit dem Moment und den vorhandenen Individuen, die gewisse Konstellationen und Diskurse produktiv oder destruktiv machen. Ob eine politische Theorie zur Diktatur oder um Paradies wird, hängt nicht bzw. kaum mit der Theorie zusammen, sondern mit der realen zufälligen Welt. Wer versucht, die Welt zu lenken, hat bereits verloren, wenn er tatsächlich so etwas wie Allgemeinwohl oder Frieden sucht. Wenn mir jemand erzählt, wie er „Beziehungen“ oder „Affären“ oder „Familienleben“ überhaut und generell sieht, frage ich immer nach der persönlichen Vergangenheit plus dem Auslösenden Moment des Gedankengangs. Auf eine Theorie kann man mit allem antworten, egal ob es eine anspruchsvoller Metadiskurs, eine Gegentheorie oder ein simples „Nein, das finde ich nicht“ ist. „Nein, das ist nicht so“ ist ein gültiges philosophisches Argument auf klassisch moderne Theorien. Nicht deswegen, weil es wahr oder falsch ist, sondern weil alle herrschenden Diskurse nur deswegen herrschen, weil eine gewisse Anzahl von Menschen, die in einer dementsprechenden Position sind „erkannt“ oder beschlossen haben, dass etwas gültig ist oder nicht. Auch ein Paradigmenwechsel erfolgt nicht deswegen, weil sich ein altes Paradigma als falsch herausgestellt hat, sondern, weil im Zusammenspiel der wissenschaftlichen, politischen und ökonomischen Diskurse einfach gewissen Dinge aktueller, neuartiger und reizender sind als andere, ältere. Rassismus war nie wahr oder falsch. Der Rassismus war nur eine Konsequenz der modernen Wissenschaft und Wissenschaftstheorie, den man mit der Moralkeule versucht, abzuschalten, weil vor dem Schrecken der Erinnerung an diverse Genozide, Unterdrückungen man Angst davor hat, welche Konsequenzen er kollektiv und individuell haben könnte. Wenn Caro über Leben und Familie spricht, will ich auch zuerst wissen, welcher Moment und welcher Gedanke diesen Diskurs ausgelöst haben, sonst könnte ich alles darauf antworten. Was Antworten richtig oder falsch macht ist ihr diskursiver Zusammenhang, der sich ausschließlich anhand einer konkreten Situation, nie aber anhand einer allgemeinen Theorie feststellen lässt.
Doch zurück zum Thema. Ich bade gerade in meinen Träumen und Gefühlen und fühle mich in die Welt meiner Mitmenschen hinein. Ich denke viel über Carmen, Hansi und Babsi nach, ohne viel den Mund aufzumachen, doch umso mehr versuche ich, einfach das zu leben, wo ich indirekt Rückenwind in ihr eigenes Ding hineinbringe. Sprechen tu ich nur, wenn ich gefragt oder provoziert werde.
Dennoch habe ich das Gefühl, oder bin ich mir dessen bewusst, dass ich zu wenig Zeit und zu wenig Platz für meine geleibten Freunde habe. Ich sehe Hacker zu wenig, ich sehe Hiasi so gut wie nicht, ich habe keine Ahnung von Fares, Mariano habe ich zweimal oberflächlich gesehen... Vera reklamiert deutlichst Aufmerksamkeit und oft frage ich mich, was z.B. Paul so treibt. Der StL ist ganz woanders. Den habe ich zwar getroffen, doch dabei ist mir klar geworden, dass er selbst ganz woanders ist und dass meine Art des direkten und ehrlichen Diskurses nicht das ist, was er gerade braucht oder will. Ehrlichkeit siegt, soviel ist konstant, und selbst wenn viele Leute es schaffen sich derartig zuzudröhnen, abzulenken oder mit Beschäftigungen vollzupumpen oder auf „Kindheit“ umzuinterpretieren, Ehrlichkeit siegt. Wenn Du unehrlich zu Dir selbst bist, wenn Du Dinge ungekaut hinunterschluckst, kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem das aus dem Magen zurückkommt. Das bringt dich in den meisten Fällen zwar nicht um, aber es verlangt einem extrem viel Lebensenergie ab, die man für etwas anderes verwenden könnte. Es tut später mehr weh, als wenn man es im Moment einfach nur als unangenehm empfunden hätte. Und dann ist man entweder mit grundsätzlicher Aufarbeitung beschäftigt und auf einmal tun einem viele Dinge leid, oder man entwickelt eine noch größere Kunst aus der Fertigkeit, die Momente der Leere in seinem leben durch Freizeitbeschäftigungen wie Alkohol, Drogen, Golf, Fernsehen etc. auszufüllen. Doch blablabla... Lebensweisheiten, die ganz allgemein gehalten sind, und daher weder richtig noch falsch. Es geht lediglich darum ob ich mich selbst oder jemand, der das liest sich damit identifizieren kann oder nicht dadurch gewinnt der Diskurs seinen Wert.
However... Ich fühle mich wie der kleine Prinz auf seinem Planeten mit seiner Rose und am Himmel sehe ich so viele andere kleine Planeten, mit anderen von mir geliebten Menschen drauf, manche allein, manche in Gesellschaft. Das soziale Leben macht mich müde. Ich komme aus einer anderen Welt, als die Menschen hier. Meine ist weder besser noch schlechter, sie ist einfach anders.
All das, was im Jahr 2008 und heuer in Argentinien, Bolivien, Mexico und Cuba passiert ist war für mich extremstens prägend, doch es war kaum jemand darunter, der das alles mitbekommen hätte. Meine Eltern haben es mitbekommen und hier sind wir bei einem der Gründe, warum es für mich die besten der Welt sind. Die Babs hat es mitbekommen und da sind wir dabei, warum ich vielleicht sogar unausgesprochen, ein derartig gutes Verhältnis zu diesen Menschen habe und sie so nahe an mir dran fühle. Wenn man jedoch von außen kommt, sieht man viel Dinge anders, wie gesagt, weder richtiger noch falscher. Viele Mechanismen innerhalb meiner Familie, vor allem was Umgangsweisen miteinander betrifft, sind mir absolut unverständlich. Und je mehr ich mir solche Momente dann erklären kann, aus den gegebenen Umständen heraus, desto mehr sträubt sich dagegen in mir auf. Darin liegt meine Möglichkeit und meine Verpflichtung. Hier irgendwo ist der Punkt, wo Revolution anfängt. Aus Roberto werde ich nicht wirklich schlau, was aber absolut ok ist. Auch wenn er wenig mit dem Mund spricht, kenne ich ihn doch lange genug, um ein paar vermeintliche Antworten in seinen Augen zu finden. Muss wohl für ihn auch eine stürmische Zeit sein, wieder in Wien, nach dem Abschluss einer Phase, in einer neuen Wohnung, wieder Single, etcetc... Mit Caros Schweigen bin ich wohl sehr oft unzufrieden, vor allem wenn ihre großen schönen Augen so laut schreien, dass es fast unerträglich wird. Oft ärgert es mich, aus ihrem Gesicht lesen zu müssen, da ich ein Mensch des Ausdrucks und der Worte bin. Doch im Endeffekt ist es gut, denn schließlich habe ich im Moment die Zeit, die Ruhe und die Zuversicht und Dedikation, aus ihrem Gesicht zu lesen. Wie Babsi mit ihrer Situation umgeht ist mir selbst manchmal auch fremd, aber eben weil es mir entweder von mir selbst oder von ihr als meiner Schwester, so vertraut ist. Sie ist jemand der extrem viel schluckt und Konflikte tunlichst vermeidet. Es ist eine andere Art mit Fakten umzugehen, als die meine, weil ich mich in der gleichen Frage für das Gegenteil entschieden habe. Solange es ihr gut tut, habe ich kein Recht viel darüber zu sagen. Nur der Gedanke daran, dass sich da drinnen eine Sehnsucht aufbaut, die sich auch in Frustration wandeln könnte, wie es bei vielen Menschen passiert macht mich für Momente unruhig. Es gibt so viele verlorene Krieger in dieser meiner Welt und so viele, die glauben darauf zu warten, dass sie jemand oder etwas aufweckt, obwohl sie eigentlich eh nur schlafen wollen. Und dann gibt es einige, die tatsächlich warten. Meine Zuversicht sagt mir, dass alles gut wird, dass alles gut bleibt. Doch wie gesagt, ich lebe momentan im Rausch meiner Zuversicht und es gab schon extrem oft ähnliche Situationen, in denen ich über ähnliche Dinge verzweifelt mit Freunden Lösungen erörtert habe.
Wien, Mexico oder Argentinien... wohin geht das Leben... keine Ahnung. In mir drinnen nur die Lust der Gestaltung und das Gefühl im Bauch, dass der Moment des Handelns früher oder später vor der Türe steht. Ich bin mir meines Glücks bewusst und das schützt mich selbst vor dem Ausufern meiner Arroganz. Ich fühle mich unbesiegbar aus meiner Position heraus. Ich bin mehr als verwundbar in einem Bewegungskrieg, ich bin alles andere als unbesiegbar. Doch irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich innerhalb de Stellungskrieges eine gute Position eingenommen habe, von der aus, in diesem Moment meine Welt recht gut überschaubar ist und die Weite des Horizontes, die Ungewissheit der Zukunft und die Herausforderungen meiner Umwelt willkommener Motor sind, kreativ in diesem Leben weiterzuhandeln. In mir drinnen lebt eine profunde Liebe für die Menschen, die mich gerade umgeben, Caro, Babsi, Carmen und Hansi und Roberto, und auch eine profunde Liebe für Vera und andere, die ich in der letzten Zeit oft gesehen habe, und ich meine mit „gesehen“ nicht, den visuellen Kontakt sondern die Kommunikation mit Augen, Gesten und Worten. Ich muss nur wieder mehr zu mir selber finden. Ich muss mehr wieder selbst in die Hand nehmen. Ich muss wieder mehr denken und konkret umsetzen. Die Zeit der Projekte naht wieder, nachdem ich mir schon des längeren eine Auszeit genommen habe. Auch wenn es momentan nicht einfach ist, all die Momente und Informationen zu verdauen, die täglich auf mich einprasseln, auch wenn der tag lange nicht so viele Stunden hat, wie ich gerne hätte und ich lange nicht so viel Zeit und Zuwendung den Menschen schenke, die ich liebe, wie ich gerne würde, habe ich dennoch das Gefühl, dass es gut ist. Auch wenn die Reise nach Spanien und Frankreich keineswegs einfach war und ich Momente verdammt habe, was und ist es gut. Leich Jung Frisch ist mein Leben und draußen dröhnt die Stille eines Freitags im Wiener August. Die U-Bahnschächte atmen schwer und jetzt nehme ich mein Rad, hole den Bus und danach geht’s zum Omi-Geburtstag.
Ich muss Gitarrespielen, Schreiben, Denken, Kochen, Planen... es gibt so viel zu tun, worauf warte ich. Viva Mexico!
Leicht Jung Frisch

Dienstag, 17. März 2009

MARUATA (22.2.2009)

Heute hat mich die Freiheit
Auf die Wange gekuesst
Das war ganz nah am Fliegen
Und die Lunge wurde tief
Und ich konnte gar nicht genug
Ihrer Luft einatmen

Es ist der Moment
An dem sich Vergangenheit und Zukunft
Die Haende reichen koennen
Und ich selbst wurde vom Blitz ihrer Beruehrung
Direkt ins Herz getroffen
Und in eine andere Dimension katapultiert

Alles nahe und unmittelbar
Das naeheste, an das man in seinem Leben
An Zweckfreiheit herankommen kann

Ich fuehlte eine Entspannung
Bis tief in alle Organe
Die mich so erleichterte
Dass mich der naechste Pelikan
Auf eine Runde Fischen mitnahm
Und mich durch die Luefte davontrug

Ein Augenzwinkern spaeter
Zurueck auf meinem Platz
Sah ich dem Pelikan beim Davonsegeln zu
Und war ganz
Allein

Es war, als ob ich
Der unendlichen Groesse der Welt
Deutlich abgegrenzt gegenueberstand
Und mich in meiner Kleinheit
Unendlich gross sah

Oder mein Selbst, ich, war so stark
Und zur Unkenntlichkeit
In die Umwelt verflossen
Dass ich in ihr aufging
Und sie tief in mir hatte
Und sie war

Es war wie Fliegen
Begleitet vom Schwindel der Hoehe

Dann bekam ich Angst
Angst, das Gleichgewicht zu verlieren
Zu weit aus meiner eingesessenen Bahn geworfen zu werden
Angst vor der Ungewissheit
Und dem Imperativ einer Entscheidung
Die mein Leben
Auf immer
Profund
Entscheidend
Veraendern muesste

Doch sofort streichelte mich
Warmer, salziger, feuchter Wind
Wie die beruhigende Hand
Einer Wunderschoenen, alten Frau
Und ein Laecheln, das sich nach
Ruhe, Harmonie und Kraft anfuehlte
strahlte Waerme in meinen ganzen Koerper aus

Fast waere das Gleichgewicht
In die Zukunft abgedriftet
Gekippt
Doch die Zuversicht der Gezeiten
Die Rundheit der Bucht
Mit ihren tanzenden, brechenden Wellen
Balanciert mich zurueck

Und fest in mir verankert, fliegend
Habe ich das Gefuehl,
Dass mich die Freiheit
In diesem Moment
Auf die Wange kuesst

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Dienstag, 10. März 2009

San Cristobal

Schon komisch, das Leben manchmal, no deja de sorprenderme de maneras muy hermosas y tambien muy cinicas.

Bin jetzt seit ein paar Tagen schon in San Cristobal, und obwohl man natuerlich unterstreichen muss, dass das Wiedertreffen mit der wundervollen und wunderschoenen Mari ein Traum ist, passieren hier auch viele andere ueberraschende Dinge... wundervolle Leute und wundervolle Atmosphaere. Man sagt auch (zu recht) dass die Welt viel schoener ist, wenn man selbst schoener ist, oder wenns einem halt gut geht. Das stimmt sicher, denn mir gehts seit laengerer Zeit schon sehr gut und in einer sehr kindlichen Form kann ich des oefteren mein Glueck gar nicht fassen.

Egal ob das die relative finanzielle Sorglosigkeit in diesem Moment ist, die den vergangenen Jahren widerspricht, mein Verhaeltnis zu Caro Johnson, mein Verhaeltnis prinzipiell zu den Menschen, die mich umgeben, mein Leben, meine Reise nach Bolivien, asados, meine Reise in die tierra santa Mexico, DF, Maruata und jetzt San Cristobal... So viele Dinge passieren in meinem Leben, dass es bunt wie ein Fleckerlteppich wird und geruchsintensiv wie eine Sommerwiese in Gruenau nach einem naechtlichen Regen.
Oag, und wem auch immer sag ich dafuer Danke.

Eine Sache beschaeftigt mich diesbezueglich seit ein paar Tagen, und ich bin noch zu keiner Konklusion gekommen, ausser, dass die Goetter ein Opfer wollen, ausser dass Zeus, der alte Puderant, mich drauf aufmerksam machen will, dass ich aus Fleisch und Blut bin und nicht unsterblich und dass ich fliegen soll, aber nicht allzu hoch.
Seit 5 Tagen bin ich hier und San Cristobal gefaellt mir besser als bei allen meinen letzten Besuchen... klar? klar, weil ich tief in die Stadt eingetaucht bin, sofort, dank Mari. Mari hat sich hier ein Leben aufgebaut, das mich extrem beeindruckt, voll von Arbeit, Liebe, Freunden und viel Spass... Mari hat im Prinzip das gemacht, von dem ich seit 10 Jahren insgeheim traeume, und von dem ich in meinem Arg-Leben unbewusst seit langem bezweifelt habe, dass es existiert: Mari hat mir Freunden gemeinsam eine Kooperative, eine Art Genossenschaft: zwei Bars, eine mit Essen und sie und ihr Socio sind fuer die Kueche zustaendig, udn eine andere, mit kleinen Kinosaelen, (fuer bis zu 10 Personen), einem Musikgeschaeft drinnen, einer kleinen Teebar, Workshops... etcetc... voll postmodern San Cristobal eben.... aber eben extrem leiwand udn gut. Warum? Weil so viele dabei mitmachen und jeder seine Art Stempel beitraegt, und weil bei diesen Leuten, soweit ich weiss, kein Schoenfeld dabei ist... weil aus der Zusammenarbeit grossartige Dinge entstehen, weil es tatsaechlich Freunde, und nicht Kunden sind... Reich wird man hier nicht. Doch ich habe z.B. die letzten zwei Tage im PERFIDIA (dem Restaurant) als Kellner gearbeitet, und wenn ich ein bissi uebertreibe, dann koennte ich sagen, dass ich mich fuehle, als waere ich schon immer da.
Und somit einen Schritt weiter: Mein Plan vom Reisen ist spontan ganz anders geworden, denn ich werde laenger hier bleiben. Warum? Ganz einfach, weils (heut) keinen Grund gibt, wegzufahren. Weil mir hier gut geht. Weil San Cristobal seit JAHREN der erste Ort ist, wo ich mir bildlich und lebhaft vorstellen koennte, fuer ein paar Jahre zu leben und zu arbeiten. Es waere udn ist vollkommen ein Platz fuer mich, und ich denk auch dass ich sehr willkommen waere. Dass das moeglich ist sehe ich an den vielen Menschen, die hier leben und von denen kaum wer aus Sancris ist. Habe wundervolle Oesterreicher kennengelernt, Mexikaner, Amis etc...
Und eines meiner Ziele dieser Reise war und ist, dass ich schliesslich ein neues zu hause suche, denn von hier aus wird auch immer klarer, dass ich die argentinische Gesellschaft zwar mittlerweile moegen gelernt habe (ich kenn meine Pappenheimer), doch, dass der erste Eindruck von vor 5 Jahren persistiert (gibts das Wort?): a) Es gibt viel bessere Plaetze als buenos Aires udn b) es gibt viel waerere und nicht so verlogene Gesellschaften wie die argentinische (dennoch hab ich dort Hausi, Katze und Freunde.... eh klar)... However, von hier aus, wenn ich an Arg denke wird klarer als Consome, dass meine Tage dort gezaehlt sind, wenn nicht irgendwas markantes dazwischenkommt. Und San Cristobal ist argerweise ein Ort, an dem ich mir BILDLICH vorstellen kann, zu BLEIBEN und viele haben mich auch schon gefragt, ob ich nicht bleibenm werde/will. Ich habe die letzten beiden Tage (viel) in der Bar gearbeitet und es hat sich gut angefuehlt, a) vom Projektleiter zum Barmann/Kellner zuruerckzukehren und b) sich als Teil des ganzen zu fuehlen und c) so viele Leute kennenzulernen (in erster Linie Personal, aber auch die,die zum Trinken kommen).

Und jetzt kommt der divine Zynismus: Mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit wird in einem Monat Ale hierherkommen um hier zu leben..............................................................

Und ich halte das fuer eine Riesenportion Zynismus der Goetter. Ich weiss schon, dass es unendlich viele Orte gibt, dass es fuer mich kein Problem wird, sondern spannend, etwas anderes zu finden, d.h. ich will da kein "Problem" drau smachen, ich finds nur einfach zynisch.
Ich bin so froh, dass die Geschcihte mit Ale nun endgueltig vorbei ist. 4-5 Jahre war ich mt Ale zusammen, eine lange Zeit davon wollte ich offen nach Mexico, immer im Gefuehl. Ale wollte das nie. Und genau in dem Moment, wo wir uns tatsaechlich trennen, faehrt sie nicht nur auf Urlaub hierher (sodass ich nach Bolivien gefahren bin, was aber indirekt ein grosses Glueck war, denn ich habe Caro lieben gelernt), nein, sie zieht sogar hierher..................... Sie ist natuerlich ein freier Mensch, der machen soll, was sie will, doch ich leugne nicht, dass es Teile in mir gibt, die sehr boese werden... oder die zumindest ein kurzes "Du Drecksau" denken... Und ein bissi fuehlt es sich schon komisch an, wenn ich mich mit Leute sehr gut verstehe und die mich fragen,m ob ich weiter arbeiten will/werde, ob ich bleibe, und ich sage darauf, Nein, Ale kommt.
Alle kennen Ale hier, sie war schliesslich gerade laengere Zeit hier... dadurch "kennen" sdie auch mich und die meisten auch unsere Geschichte...
However, sie soll tun und lassen, was sie will, man kann ihr das nicth vorwerfen, so wie man Ale wenig vorwerfen kann... Aber eines ist mir sehr klar geworden: Durch das endgueltige Aus unserer Beziehung lebe ich auf und leichter und laechelnder und fliege durch die Welt.
Needless to say, dass es fuer mich nicht in Frage kommen wuerde, selbst am anderen Ende der Stadt zu wohnen, so lange Ale hier ist, dazu ist Sancris zu sehr Dorf.

Manchmal wollen die Goetter eben ein Opfer, wie die Mamma sagt...

Freitag, 13. Februar 2009

Gerade...

Bin ich in Mexico DF angekommen, sitze auf der Terasse des Hostal Moneda eine cuadra vom Zocalo entfernt und trinke bereits das zweite Modelo und finds einfach nur oag, dass ich da bin.

Mehr kann ich grad nicht schrieben, weil mir a) kalt ist und b) die Bar zusperrt.

VIVA MEXICO, CABRONES!

Donnerstag, 11. Dezember 2008

Fin de año

Diese ganzen Treffen und Fiestas de Fin de Año haben schon ihren kleinen Sinn. Da trifft man sich mit Menschen, die mit dem Projekt zu tun gehabt haben, egal obs Ex(il)-Österreicher sind, oder Hackler oder Lieferanten, jeder einzelne zeigt mir, dass ich das alles doch nicht nur geträumt habe. Mit jedem kann man ein bisschen über das Geschehene resümieren und well... langsam aus dem Loch wieder aufsteigen.
Zuversicht wird deutlicher, vor allem angesichts einer Reise, die ansteht... ein Satz, der aus einem Horoskop stammen könnte.
Ja, so wies heute aussieht würde ich gerne nach Buenos Aires zurückkehren, für ein neues Kapitel... wie und warum und wann ist mir recht unklar, aber es heißt Fühler ausstrecken.

Mientras wirds Bolivien werden, und gestern habe ich mit Martin beschlossen, dass ich/wir auch in Bolivien bleiben werden. Ich denke, das ist die beste Lösung. Das wichtigste ist, einmal raus aus der Stadt zu kommen, den Geruch der Straße zu schnuppern und sehen, wie ich ihn verdaue, wie er mir schmeckt.

In meinem Hirn gehts auf und ab. Es geht mehr auf als ab, doch manchmal reicht ein ruhiges Lied, oder ein Moment der Planlosigkeit und aus irgendeinem unerfindlichen Grund fühle ich wieder diese Leere.
Das Seltsame an der Leere ist, dass sie mir ziemlich egal ist, gleichgültig steh ich ihr gegenüber, mit irgendsoeiner Zuversicht, von der ich nicht weiß woher sie kommt, aber sie ist da.
In meinem Hinterkopf die Unruhe, dass ich noch so viel zu tun habe, woher die kommt, ist mir auch nicht klar.
In meinen Träumen oft Hintergedanken, dass ich in einen riesen Fettnapf steige, ein Fettnapf, der im wachen Zustand nicht nachvollziehbar ist.
Meine Tage sind voll mit Treffen, Nacharbeiten, Fortschritten, guten Begegnungen, doch dann sind da plötzlich Momente profunder Einsamkeit.
In meiner Brust so tiefer Stolz, der die ganze Zeit von verschiedensten Leuten auf verschiedenste Art und Weise, per Mail, persönlich, übers Mikrophon, indirekt, mit Blicken genährt wird. In meinem Gewissen ein lästiger Zweifel, dass dieser Stolz nicht gut ist, dass dieser Stolz um einen Deut zu arrogant ist.
Vielleicht ist das die Erklärung: So lange hab ich darauf bestanden, dass dieses Projekt den verlorenen Nachbarn und nur ihnen gewidmet ist. So lang habe ich drauf so viel Wert gelegt, dass das alles keine Selbstbeweihräucherung ist und nicht werden darf. Und jetzt sitze ich bei einem Fin-de-año-Frühstück mit 300 sobrevivientes und die Moderatorin erwähnt die autoridades, die anwesend sind und gleich nach der österreichischen und rumänischen Botschaft sagt sie dass die "profesionales" anwesend sind, die Vecinos Perdidos, dieses so unglaublich wichtige und außergewöhnliche Projekt dieses Jahr organisiert haben, das so vielen Leuten so viel bedeutet hat und bedeutet.
Im Brief der Botschafterin steht:

"Jetzt, da das Projekt "Verlorene Nachbarschaft, Buenos Aires - Wien 2008" zu Ende gegangen ist möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen um Dich aufrichtig für all das zu beglückwünschen, was Du als Projektleiter während dessen Organisation erreicht hast. Deine permanente Widmung, ohne Mühen zu scheuen, Deine Sympathie und Talent im Umgang mit Leuten waren wichtig für den enormen Erfolg, den die Veranstaltung hatte. Dank Deiner Vermittlungsfähigkeit und Effizienz wurde die Verwirklichung des Projektes ohne größere Schwierigkeiten in 2 ununterbrochenen Wochen möglich. Die unumgänglichen logistischen und organisatorischen Herausforderungen wurden von Dir mit großer Professionalität gehandhabt.
Ich glaube, dass wir als Österreicher uns gut vertreten gefühlt haben, vor allem in Anbetracht der menschlichen Wärme, die diejenigen gespürt haben, die während jener dunklen Jahre die Opfer waren. Ich bin sicher, dass der Kontakt zu einer jungen, engagierten Person, wie Du es bist, sie überaus gefreut hat.
Die Veranstaltung wird allen Teilnehmern als etwas Außerordentliches und Großartiges in Erinnerung bleiben."

Und auch wenn mich das extrem freut, ist es mir wirklich unangenehm. Es fühlt sich wie Ehre an, die mir gar nicht gebührt, obwohl der Gedanke Blödsinn ist.
Nein, ich glaube ich halte es nur für unrecht, für ein Gedenkprojekt, das an ein extrem negatives Ereignis erinnert, das Opfern gedenkt, das Traumata aufzeigt und Versäumisse und Mägel, bei dem so viele Menschen für dessen Erfolg verantwortlich waren, bei dem gerade die Vielfalt ausschlaggebend für das Funktionieren war, da halte ich es moralisch für unrecht, "Lorbeeren" zu ernten... aber egal.... das ist ein derartig unschlüssiger Gedanke, den ich so überhaupt nicht rational begründen kann, dass ich es jetzt besser lasse. Wollt nur festhalten, dass er da ist und dass er oft präsent ist.

So oft bin ich dazu verleitet, Ale anzurufen und nach wie vor habe ich es nicht getan. Ich würde sie gerne treffen, so gerne... doch auch das ist ein blödsinniger Gedanke.
Und mein Kopf ist so durchgeschüttelt, dass es mir schwer fällt zu begründen, warum das ein blödsinniger Gedanke ist.
Wenn mich jemand fragt, warum ich sie anrufen will, dann weiss ich es nicht. Wenn mich jemand fragt, welchen Zweck das haben soll, dann sage ich: "Gar keinen".
Wenn darauf jemand sagt, dass ich sie doch einfach anrufen soll, dann sage ich auch "Nein" drauf. Warum? Weil ich nicht weiss wozu... weil ich keinen Scheiss bauen will, weil ich nicht will, dass ich wiedereinmal Dinge (für mich überaus klar) sage, und jemand andere Dinge hört. Weil ich genau weiss, dass das passieren würde und dass dann wieder auf einen Schlag alles extrem viel komplizierter wäre... Also lasse ich es lieber.
Und mir wird von vielen Seiten bestätigt, "Ja, dann lass es lieber".
Und das befriedigt mich auch nicht.
Aber warum sollt ich sie denn dann anrufen wollen, wenn ich mir so sicher bin, dass ich ihr a) weh tun könnte ohne es zu wollen und b) alles viel komplizierter werden würde? Weil sie mir abgeht....
hmmm... Geht sie mir ab, oder fühl ich mich einfach nur allein? Das ist eine sehr interessante Frage.
Sehne ich mich nach Ale oder sehne ich mich nur nach Nähe, Vertrautheit oder gar nur simpel nach Sex? naja......
Das gilt es herauszufinden. Kein besonders attraktiver Gedanke, kein besonders attracktives Thema um darüber nachzudenken gerade in einem Moment, wo man sich nach "einfachen" und "klaren" und "leicht-jung-frisch"-Themen umschaut und sehnt... However, jedenfalls so vergehen die Tage und ich rufe sie derweilen nicht an... und ihre Abreise nach Mexico rückt näher... und manchmal vergehen Tage, da will ich sie keinesfalls sehen und manchmal sehe ich sie im Messenger online und fühle mich so lächerlich und kindisch, dass wir einander gegenseitig sehen und keinen Kontakt haben... pfffffffffffff....
Eine dumme Situation, denn selbst jedem Rat eines Freundes oder einer Freundin würde ich recht geben und dann gleich innerlich oder direkt artikuliert widersprechen.
Dünnesdünnes Eis, die ganze Sache, denn ich hab ein schlechtes Gewissen satt... und zu einfach und einladend ist es, dass, sollte ich sie anrufen und es kommt ein Desaster dabei raus, oder nur eine simple Enttäuschung, dass ich (wieder) der Arsch bei der Sache ist. "Warum hast Du sie nicht in Ruhe gelassen? Das war doch von Anfang an klar!", jaja, das würden sie wahrscheinlich dann sagen... wer auch immer... und selbst wenn das Leute wären, die gar keine Ahnung haben, oder die mir wurscht sein könnten, würde ich doch denken, dass sie irgendwo recht haben... also nehme ich die Chamäleon-Position ein und halte still bis mir etwas einfällt.

Andere Mädl interessieren mich momentan überhaupt nicht... oder nein, das ist auch falsch, aber wenns soweit wäre, dann ziehe ich es vor, einfach nach hause zu gehen und mich der "Mach lieber nix, dan kannst auch keinen Scheiss machen"-Paranoia hingeben.
Doch auch was das betrifft bin ich aus irgendeinem Grund recht zuversichtlich, dass sich das bald in etwas anderes (mit oder ohne Ale) auflösen wird.
Nati hat mir resümierend Folgendes gesagt bei einem Gespräch: Du weißt recht genau, was Ale will, wonach sich Ale sehnt. Ja? Ja. Kannst oder willst Du dem entsprechen? Nein? Ich weiss nicht. Solang Du dazu "nein" oder "ich weiss nicht" sagst, ruf sie nicht an.
Ruf sie nicht an.....
Und so sage ich mir das öfter vor: Ruf sie nicht an... obwohl es mir gegen den Strich geht... aber ja... Ruf sie nicht an...

Es steht so viel an, und genau deswegen will ich das alles jetzt festhalten, denn wenn ich mir bei einer anderen Sache auch noch sicher bin, dann ist es, dass ich im April 2009 das alles hier ganzganzganz anders sehe. Und wenn ich wüsste, wie ich es sehen werde, oder wenn ich einen Verdacht hätte, dann wäre dieses "ganzganzganz anders" schon nicht wahr, denn ich weiss es wirklich nicht. ;-)

Ich hab Lust auf Bus, ich hab Lust auf Straße und ich hab Lust auf Meer.

Leichter, jünger und auch schon ein bisschen frischer

Ale

Samstag, 6. Dezember 2008

Nikolausi.... Osterhasi!

Jaja, jetzt ist es doch definitiv da, und ich wills auch gar nicht mehr länger leugenen:

Das Post-Projekt-Loch.

Ich habe mich lange danach gefragt, wie es sein würde, wie es aussehen könnte, ich hab mir lange vorgestellt, dass es sich einsam anfühlt, dass der Sinn fürs Aufstehen fehlt, dass der Antrieb fehlt, dass man traurig über einen Verlust ist... aber im großen und ganzen fühlt es sich einfach wie eine große asoziale Leere an.

Es ist gar nicht so spektakulär, es ist nicht Fisch nicht Fleisch. Mir geht es innerlich wirklich ziemlich gut, ich bin stolz, auf was wir gemacht haben, viele Menschen sind auf uns stolz, manche beeindruckt. Aber da ist diese Mischung aus Erschöpfung, die einen unglaublichen Willen nach permanentem Schlaf hegt, diese ganz sanfte Unruhe, die gar nicht unattraktiv einen in den Hintern zwickt und fragt, "Und jetzt? Jetzt liegt alles vor Dir, was macht Du damit?", da ist diese Freude darüber, wieder Zeit und Ruhe für sich selbst und Freunde zu haben und da ist dieses zutiefst asoziale Gefühl, dass ich weder mir selbst, noch meinen Freunden etwas zu sagen habe.
Ich kann keine klaren Gedanken fassen, weder nüchtern, noch angesoffen, noch bekifft. Mein Hirn ist wie eine Waschmaschine in der Schwemmphase, kurz vorm Schleudern.
Seit Tagen will ich Stefan schreiben, seit Wochen. Oft bin ich vor dem Mail gesessen... und mir ist einfach nichts eingefallen, oder mir ist einfach so viel eingefallen, dass ich nicht wusste, wo ich anfangen soll.
Es ist so viel passiert... Gestern bin ich um 5 in der Früh nach hause spaziert und habe mir gedacht, dass Vecinos Perdidos für mich noch nicht abgeschlossen ist, vielleicht muss ich das tun... so symbolisch halt, damit wieder Platz für etwas anderes ist.
Wenn Fernando mich fragt, ob wir das Projekt auch in anderen Städten hier machen wollen, reagiere ich innerlich vollkommen emotionslos und äußerlich lediglich desinteressiert, obwohl mein Mund sagt, "Passt! Schauma im Februar."
Gestern habe ich mir auch gedacht, dass es schon aufreibend genug gewesen wäre, wenn die Eltern und die Babs und Andi auf Besuch gekommen wären. Es wäre schon wirklich ganz oag gewesen, wenn wir ein Konzert im ND-Ateneo für Maria Bill veranstaltet hätten, und die auch tatsächlich gekommen wäre. Noch ärger wäre es gewesen, wenn zusätzlich zu Maria Bill noch der Peter Uray, der Dobrek, oder etwa der Werner Rotter, der Christian Panigl oder, fast schon übertrieben, der Adi Hirschal gekommen wäre.
Und ganz undenkbar und schon fast absurd wäre es gewesen, wenn mein universitäres und politisches Gewissen (keine Ahnung, ob das das richtige Wort ist), als Clemens Jabloner, Anton Pelinka, Hannah Lessing, Walter Manoschek, Fritz Stadler, dieses Komitee an österreichicher politischer Bildungsschicht auch noch gekommen wäre, ganz zu schweigen von Doron Rabinovici oder etwa Robert Schindel oder Käthe Kratz.
Und dass die dann alle in mein Buenos Aires kommen und.... mein Buenos Aires? Nein, Buenos Aires ist nicht "mein"... oder doch? egal.... Da hätten sich ja auch Argentinier interessiert...
Da wären dann der Präsident der argentinischen Kultusgemeinde dabei gewesen, namhafte Intellektuelle und Journalisten, die österreichische Botschaft, der Kulturstaatssekretär, der Intendent von Buenos Aires? Die Präsidentin? Nein, also wirklich... das wohl auch wieder nicht...
Und eine Menge an erwartungsvollen Ex(il)-Österreichern, Menschen die mit ihren Eltern vor 70 Jahren aus Österreich wegen ihrer jüdischen Herkunft fliehen mussten, mit denen wir ein Interviewprojekt gemacht hätten und denen ich/wir gegenüber die wohl größte Verantwortung übernommen habe/n.
So viel Lob, so viel Begeisterung, so viel Interesse, so viel Hoffnung, so viel.... Kritik? So viel von allem wäre das schon gewesen.
Und dann müsste man noch einen Platz finden, wo man diese Leute zusammenbringen könnte, und Themen, und ein Ambiente... Bilder? Kino?... undenkbar.... Video-Interviews, die im Radl rennen? Oder so eine schwindlige Idee, die Fassade einer Synagoge in Originalgröße als 38 m hohe Leinwand wieder aufzustellen; Schulklassen, die von ihren Lehrern zum Fragenstellen dorthin gekarrt werden, Pressekonferenzen, Radiointerviews, Fernsehauftritte, ich hätte ein gratis-Auto von Volkswagen bekommen, ein Dankesschreiben von der österreichischen Botschaft... und wir sind in der absoluten Absurdität angelangt... zurück zum Realistischeren:
Und wenn dann meine Familie dagewesen wäre und dann kommen auch noch Jutta und Kathrin... und die Ale, mit der die Situation ohnehin schwierig genug ist hätte sich des öfteren mit meiner Familie getroffen... und stell Dir vor, das wäre alles gemeinsam passiert.... nein.... das hält kein Kopf aus....
Und die Wahrheit ist, dass das alles und noch viel mehr passiert ist. Roberto war hier, wir haben über ein Monat im gleichen Zimmer geschlafen. Das alles und noch viel mehr hat so und ganz anders stattgefunden.

Es ist definitiv nicht einfach... nein, es ist definitiv sehr schwer, darüber, so einfach, Resümee zu ziehen.
Ich kann es nicht.

Jorge Hacker hat schon recht: "Du musst wirklich naiv sein, um das zu organisieren!" Es stimmt.

Und jetzt ist dieses danach, diese Gewissheit, dass das alles stattgefunden hat... ich kanns gar nicht glauben. Mehr noch als in den Gliedern sitzt mir die Erschöpfung im Hirn. Ich kann nicht gerade denken... Im Park sind die Spuren des Zeltes noch zu sehen. Mein Kontakt zu manchen Ex(il)-Österreichern hält an.
Wie die Tropfen, die der Wind nach einem Gewitter manchmal aus den Bäumen schüttelt plätschern noch ab und zu Anrufe, Rechnungen, Erledigungen ein. Doch wie bei den Windstößen nach einem Gewitter, versuch ich instinktiv trocken zu bleiben und frage mich gleichzeitig warum...
Es ist für mich unmöglich, ein Resümee zu ziehen, dazu ist noch viel zu viel zu verdauen... vielleicht ist dieser Eintrag ein Beginn, wie ein Schnaps oder ein Espresso nach einem Riesenasado.
Wie Sonnenstrahlen nach einem Sommergewitter dringen jetzt vereinzelt, aber immer öfter Fragen durch die Wolkendecke; Fragen, die mich wärmen, die trocknen, aber auch viele Fragen, die mich blenden... Und so stapfe ich zwischen Windstößen und immer häufigeren Sonnenstrahlen durch die jüngsten Wochen meines Alltags und kenn mich nicht aus.
War dieser Typ im Anzug in der Zelt-Oficina, der, sobald er die Tür geöffnet hat und den Weg zum Auditorio, oder zur Café-Bar zurückgelegt hat und mit 1000 Fragen, Leuten, Gesprächen, Glückwünschen, Problemen konfrontiert war, war das ich?
Und wenn ja, wie passt das mit dem heute zusammen? Muss es zusammenpassen? Geht es weiter? Oder ist es Zeit zum Richtungändern? Gibt es in Buenos Aires Zukunft? Was mach ich im Urlaub?
So viele Türen stehen offen... und so süß ist die Entscheidung, so süß diese Verlorenheit dazwischen. So süß auch diese Traurigkeit und selbstverliebte Melancholie des sich-allein-Fühlens und das so ernst zu nehmen.
All diese letzten Jahre hab ich mir vorgestellt, mir gewunschen, und auch Horror davor gehabt, dass sich Wien und Buenos Aires treffen, pardon, mein Wien und mein Buenos Aires... und das ist in einer Art und Weise passiert, die aus meinem Hirn einen tutti-frutti-Shake gemacht hat.
So unglaublich, was Hansi geleistet hat, und Carmen und Babs... So unglaublich, dass vor allem in Anbetracht dieser ganzen internen Schwierigkeiten in Wien das alles so geklappt hat; und umso verständlicher, dass man/ich nachher emotional tot ist.
Obwohl ab und zu ein Traum wie ein Schmetterling durch mein Leben segelt, würde ich mein Dasein dennoch als wunschlos, erschöpft, unsozial und müde bezeichnen.
Ich würde fast soweit gehen, dass ich mich einfach nach so einer Art mütterlichen Geborgenheit sehne, einem Platz, wo ich einfach zu 100% ich sein kann um zu fühlen, wer ich überhaupt bin... ein Platz zum Verarbeiten, ein Platz um Kräfte zu sammeln... Ein Bett mit weissen Laken, so wie in Bruchtal... um die Reise gestärkt fortsetzen zu können.
Ich will im Moment nicht alles, sondern ich will gar nichts.
Ich will niemandem erzählen, dass ich aus Österreich bin und dass ich vor drei Jahren hier eingetrudelt bin und blabla die ganze Story... ich will auch nicht, dass mich wer fragt "Und jetzt...?" Ich will nicht nach Wien, ich will nicht in Buenos Aires bleiben, ich will auch nicht reisen.... oder doch.... ich will nach Wien, ich will in Maure und bei Mostachita bleiben und ich will auch reisen....
Aber der Motor ist müde.
Als schon lang vor dem Projekt die Erschöpfung eingetreten ist hab ich mir das erste Mal in meinem Leben einen fixen Leitspruch gesetzt und ihn, soweit es möglich war bis zum Schluss eingehalten: "Alles kann schief gehen, aber Du musst funktionieren, egal was passiert!" Schalt dein Hirn ab und geh nun stur in die Richtung, die Du eingeschlagen hast, denn es gibt kein zurück... Funktioniere.
Und so wie man nach 5 Tagen Pamplona eine Zeit ohne fiesta braucht, weil man den Geruch von Wien, Bier, Schweiss und Rauch in jeder Pore spürt, so muss ich nun den Tribut für dieses Funktionieren zahlen.
Ein Monat ist es her, dass Vecinos Perdidos stattgefunden hat... und erst heute bin ich bereit dazu einen kleinen Schritt der Reflexion zu wagen.
Und ich schreibe das alles in Bezug auf mich selbst. Das ist kein Resümee des Projektes, das ist ein Resümee über mich selbst innerhalb des Rahmen des Projektes, das Projekt war viel mehr und waren viel mehrere Menschen... und auch wenn es zweifellos in diesem Projekt auch um mich/ um uns gegangen ist, dass so etwas wie "Herausforderung", "Machbarkeit", "Täume" und "Größenwahn" eine Rolle gespielt haben, wurde diese Veranstaltungsreihe doch für andere organisiert, und ich denke dass das auch so rübergekommen ist und vollkommen erfüllt wurde. Diese "zehn Minuten Ruhm", über die ich tendenziell hier schreibe sind ein winzig kleines Detail in all dem, was Vecinos Perdidos war und für andere Leute bedeutet, und mir ist es eigentlich unangenehm, dass ich dabei mein Ego nicht ganz ausklammern kann.
Das Leben ist zu viel für mich in diesem Moment... gestern bin ich auf Fernandos Geburtstagsparty gestanden, wischen tanzenden Menschen und war stocksteif... ich hab an Ale gedacht und an andere Mädls... und bin auch unfähig dazu, aufgrund meiner Situation mit Ale auch nur irgendein anderes Mädl anzutasten.
Obwohl ich körperlich an vielen Orten präsent bin, lebe ich momentan in meinem eigenen Schneckenhaus und warte pathetisch darauf, dass mich jemand hinauszieht.
Meine Hände sind klobig geworden, sodass mir das Gitarre spielen schwer fällt, deswegen tu ichs auch kaum. Mein Körper fühlt sich fremd und extrem verspannt an.
Draußen ist Sommer und ich liebe seinen Duft, und drinnen ist auch Sommer und wenn nicht dieser fragliche Idealismus da wäre, würde ich jetzt schon wieder schlafen gehen.
Um mich herum meine Mitbewohner, die großen Respekt vor mir haben, mit denen ich mich blendend verstehe und die ich sehr schätze und liebe, Nati mit Caro, Martin, mit dem ich mich gleich zum Abendessen treffen werde, Leute, die mich ständig (aus Botschaft, Vereinen, Künstlern, etc) einladen und beglückwünschen, Leute, die von meinem Asado begeistert sind, so viele Mädls, die drauf warten, dass ich einen Schritt in ihre Richtung mache, sei es auch nur für eine Kurz-Sommer-Romanze... und ich dazwischen, mir ist das zu viel.... und in Momenten, wo mir das zu viel ist, stelle ich den inneren Schalter wieder auf "Funktionieren" um... und mag das gar nicht....
hmmmm jetzt ist es schon wieder halb neun.... Samstag Abend... schaumamal......

Ein positiver Abschluss?
Naja.... im Prinzip hab ich ja nichts negatives gesagt... Und das ist wieder ein Klassiker... ich bin in einer Schneckenhaus-Verteidigungsposition....

Naja... Immerhin ist nun alles offen, und bei aller Erschöpfung darf ich nicht vergessen, dass es hier ja um Schmetterlinge, Sonnenstrahlen, und Windstöße nach Sommergewittern geht...

Naja, das war wohl nun ein Anfang....

LJF

PS: ROBEEEEEEEEAAAAAATOOOOOOOOOOOOOOO!!!!

Dienstag, 2. September 2008

Vielleicht

Vielleicht ist Erwachsenwerden nur, dass man mit den Dingen, die man als Kind empörend, also naiv, empfunden hat, besser umgehen kann. Dass man Situationen einfach angemessener betrachten kann, dass man besser versteht in welchem Kontext welche Dinge entstehen und wer das wann und warum sagt und man sich auch deswegen besser auf Dinge einstellen kann. Dass man einfach einsieht, dass man persönliche Empfindungen nicht auf die Gache ganz so ganz nehmen darf, dass man erst bis 10 zählen soll.
Dass man nicht so reagieren sollte, wie man sonst reagieren würde, wenn man so reagierte, wie man es in diesem Moment fühlt. Dass man lernt erst gar nicht so zu fühlen, da es von Anfang an unangemessen und jenseits von zweckmäßig oder zielführend ist. Dass es kein Argument dagegen gibt, dass alles andere zwangsläufig zu Krieg führt.
Vielleicht ist Toleranz die weiseste aller erwachsenen Eigenschaften und Gleichgültigkeit die dümmste.

Es gibt so viele Dinge, die nie im Leben dokumentiert werden, die nie im Leben von Erwachsenen an Kinder weitergegeben werden.
Allein die Enttäuschung, die man irgendwann besser oder schlechter verdauen muss, dass die Prinzessin am Ende nicht den schönen Prinzen heiratet, dass nicht alle von uns Prinzessinnen oder Prinzen sind, dass nicht alle schön sind, dass selbst wenn alle schön wären, dass noch immer nicht heißt, dass das gut enden würde und dass "und so leben sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage" das größte Rätsel und der größte gesellschaftliche Imperativ ist, den man Kindern auf den Weg mitgibt.
Wenn etwas gezeigt wird, dann passiert das mit Stärke, dann bekommt man Respekt, schon allein deswegen, weil es gezeigt wird, im Film, oder im Theater, zum Beispiel. Aber dass es dabei um die schwächsten Momente geht, geht dabei vollkommen verloren.
Man hat uns nie gelernt, mit Träumen umzugehen, man hat uns nie gelernt, Liebe hand zu haben. Und auch wenn wir es uns so oft ersehen würden, nur um weiter zu funktionieren, bekommen wir es dennoch nicht und sind insgeheim vom Mysterium mit einem Lächeln gelähmt, das uns zeigt, dass es noch Dinge zu entdecken gibt, dass es noch zu fühlen gibt im Leben. Tausende Jahre an Poesie haben sich dem Thema gewidmet und haben es versucht zu erklären und bestenfalls dokumentiert. Einige Jahrzehnte an Wissenschaft haben uns ökonomischere und moderne Erklärungen gebracht, die letztendlich nützlich und so unbefriedigend und unvollständig sind wie Cybersex oder alkoholfreies Bier.
Vielleicht ist Erwachsenwerden einfach nur, weniger größenwahnsinnig zu sein, sich ein bisschen mehr in die Hosen zu scheissen und dabei eine große Figur zu machen, so gut , dass man selbst zu 99% davon überzeugt ist. Sich die Tage mit Aktivitäten anzufüllen, die auch Antworten bringen, da es keine Wahrheiten gibt.
Gute Dinge zu tun ist da dann schon so weit, dass man sogar ein oder mehrere Schulterklopfer bekommt, wegen denen man es zwar keinesfalls macht, die sich aber trotzdem gut anfühlen.
Jenseits von Egoismus und Eitelkeit.
Das, was man fühlt nicht definieren zu können. Das, was man fühlt, definieren zu wollen. Motor der Wissenschaft.
Morgen ist ein neuer Tag, ich geh schlafen, in 4 Stunden ist Tagwache.
Leicht, jung, ein bissi frischer.

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