Last Days...
Neunter November elf Uhr dreißig, Maure, ich bin gerade aufgestanden und sitze in der Küche. Mein Hirn ist noch beim Warmlaufen, zumindest Mate habe ich schon gemacht. Neben mir brummt der alter große Kühlschrank. Er ächzt, weil es schweineheiß ist. Mir ist noch nicht heiß, noch bin ich zu verschlafen.
Heute ist der letzte ganze Tag in Maure, ob es weitere geben wird weiß nur die Zukunft. Aber heute werde ich meine Sachen nach Oro bringen. Morgen kommt Flor und zieht in mein Zimmer.
Seltsam und unangenehm dieses Gefühl. Seltsam und unangenehm fühlt es sich an, wenn ich mir überlege, dass ich den Platz verlasse, der mich in Buenos Aires buchstäblich gerettet hat. Wenn es in dieser Stadt einen Ort gibt, bei dem ich tatsächlich das Gefühl habe, dass er meiner ist, dass der Ort, seine Bewohner zu meinem Leben viel Wesentliches beigetragen haben, und ich selbst die Möglichkeit hatte, zu diesem Ort viele Dinge und Momente beizutragen, dann ist es Maure 3971/2. Innerlich will ich nicht weg. Das, was mich Maure verlassen lässt, sind die Zeichen der Zeit.
Es muss was weitergehn. Es muss was passieren, und manhcmal muss man eben Orte, an denen man sehr bequem in einer Seifenblase lebt, auch verlassen, um neue Horizonte kennenzulernen. Aus heutiger Sicht sage ich dass ich unbedingt zurück will, doch vorher muss einiges passieren. Vorher wird einiges passieren, so viel ist klar. Aber well, egal was passier, egal wie sich das Rätsel des letzten und nächsten halben Jahrs auflöst, dieser Beitrag hier ist Maure und mir und Maure gewidmet, dem Ort, wo Hansi geschlafen hat bei Projekt-Factfinding Missions, wo Carmen, Babs, Peter Uray, etc. mit mir getrunken und gegrillt haben, wo ich mit Roberto lange zusammengelebt habe, wo ich Caro fast kennengelernt habe, für den mich tausende beneidet haben, wo ich tausende kennengelernt habe, wo Ariel und Fernando immer willkommen waren, den ich dank Nati gefunden habe, wo der Hercules zu hause ist und wo ich tausende Stunden zu jeder Tageszeit und in jeder Gemütsverfassung mit Hernan, Sil, Ursula, Isa und vielen anderen mit Wein, Drogen, Mate, nüchtern etc. zugebracht habe.
Ich will Maure nicht verlieren. Ich werde Maure aus meinem Herzen nie verlieren. Und wenn diese Worte sehr nach Abschied klingen, dann ist das deswegen, weil ich selbst eine Linie zeichnen muss, um mein Leben zu ordnen und etwas Neues, Anderes zu beginnen. Wahrscheinlich komme ich auf meiner Reise noch öfters hier vorbei, egal was passiert.
Am schwersten fällt der Abschied von Mostachita... doch es beruhigt mich zu wissen, dass ihr der Abschied von mir wahrscheinlich nicht ganz so schwer fällt wie mir von ihr, oder dass sie sich zumindest nicht ganz so klar darüber ist. Merkwürdigerweise bildet man sich selbst ein, wenn man so beim Kistenmachen und Zusammenpacken ist, dass Mosti sehr wohl mitkriegt, was los ist, dass sie übersensibel ist und Nähe sucht. Doch wahrscheinlich ist das einfach das Produkt einer nostalgischen melancholischen Wunschvorstellung hehe.
However, wenn schon Mostachita nicht sensibel beieinander ist, ich bin es sicherlich.
Gestern habe ich die ersten Kisten und Taschen mit dem Taxi nach Oro gebracht. Danach sind Caro und ich in den Alto Palermo gefahren und haben ein Leiberl umgetauscht. Sponatan kam es dann zu einem der exquisitesten Abendessen, die Maure jemals gesehen hat und dieses war einfach nur würdig, würdig des Sommers, würdig eines Abschieds, würdig der Teilnehmer, einfach digno.
Ein halbes kilo Lachs, ein halbes Kilo Langusten, ein halbes kilo Rabas. Und das ganze in Tacos. In Maure angekommen haben wir einen Riesenpot Guacamole gemacht, die Dose eingelegte Chilis geöffnet. Dann den Lachs gehäutet und gewürfelt, in Olivenöl fest angebraten und dann mit einem Schuss Soyasauce, in paar Tropfen Sesamöl udn einer Hand voll gehacktem Koriander und Zitronensaft vollendet. Die Rabas in Mehl und Salz gewendet, und in einem Finger hoch Öl gebraten und die Langusten in dem, was vom Lachs in der Pfanne blieb mindestens fünf Minuten gebraten.
Es war ein Festessen, vor allem mit diesen roten Jalapeños und der perfekten Guacamole. Ein Festessen. Danach noch ein paar mal in die Reste der Drei-Husaren-Torte reingestochen, die von Caros Cumple über war und gewürzt mit einem porrito und ein paar Bieren war für einen verheirateten Mann wie mich eh bald Schluss.
Es ist innerlich und äußerlich einfach viel momentan. Nicht deswegen, weils so viel Stress wäre, nein das war vor etwas mehr als einem Jahr um einiges mehr, sondern weil auf mich ständig Fragen und Anforderungen einprasseln, wo ich oft nicht ganz weiß, wie ich damit umzugehen habe. Es ist als würde ich sehr kopflastig leben, und meine Art der Träume in der Nacht und meine Art Porros zu rauchen geben mir recht. Ich schaffe es nicht, loszulassen, egal um welche Uhrzeit. Doch es ist nicht so, dass ich nicht loslassen kann, obwohl ich es unbedingt herbeisehne, ich bin weit entfernt von Panik. Irgendein Teil in mir drinnen will einfach nicht loslassen. Es ist als gäbe es in mir einen Motor der ständig auf Standgas läuft und hin und wieder Bereitschaft signalisiert endlich loszulegen... und auch insofern ist es gut, sich zu bewegen, damit was weitergeht.
Und ich bin bereits mitten drin in meiner Neujahrsreflexion. Über allem drüber steht, dass ich mich "eigentlich" (und da ist dieses Wort schon wieder) nicht beschweren kann, da mein Leben süß und gut ist, da mein Leben in seiner Alltäglichkeit eine gute Basis bietet, für all die Verrücktheiten die mir einfallen (oder die mir momentan eben nicht einfallen... oder schon?).
Wenn ich etwas nicht bin, dann ist es ausgeglichen. Mein Körper fühlt sich an, als ob er alles, was (energetisch) auf ihn einprasselt panisch akkumuliert, für irgendeinen Zeitpunkt, wo man es brauchen könnte. Ich schlafe viel, ohne ausgeschlafen zu sein. Ich esse viel ohne satt zu werden. Ich reagiere auf viele Erfordernisse des Alltags und des Lebens gut und intelligent. Ich löse Probleme und denke, dass ich großteils guten Einfluss auf meine Mitmenschen habe. Ich teile was ich habe und freue mich, wenn andere darüber glücklich sind. Aber ich mir fehlt der Überblick. Ich weiß zwar, wo ich gerade stehe und mit wem, aber ich emotional bin ich taub. Ich fühle es einfach nicht. Ich habe schon Gefühle und zwar ziemlich intensive, aber ich habe kein G'spür dafür, was da grad so los ist. Mir fehlt der Überblick.
Wenn ich schreibe, dann benutze ich die Wörter in meiner Sprache dafür um zu beschreiben, was ich glaube, dass grad los ist. Doch die Poesie fehlt.
Es passiert einfach sehr wenig, dass ich herumsitze oder herumliege und auf einmal Lust auf irgendwas habe. Ich habe kaum Lust. Ich bin in einem Mechanismus drin, der seinen eigenen Gesetzen gehorcht, die ich größtenteils selbst bestimmt habe. Das klingt ja sehr gut, fühlt sich auch sehr gut an, aber es gibt eine dunkle Zone, wo Fragen auftauchen.
Mein Kopf dominiert mein Sein. Ich habe Angst davor, zu erwachsen geworden zu sein. Ich schaue mir The Wall an und könnte vor Emotion weinen, genauso wie beim Neujahrskonzert... aus irgendwelchen Gründen, die ein Rätsel für mich sind. Der innere Psychotherapeut mach schlechte Arbeit im Alltag. Ich habe Angst davor, als Subjekt, als Summe meiner Eigenschaften, langsam in meiner Persönlichkeit so gefestigt zu sein, dass aufrüttelnde Impulse von außen es immer schwerer haben in mich einzugreifen. Das hat sicher mit meiner Ehe und mit meinem Status bei der verlorenen Nachbarschaft zu tun. Der reisende Alex ist sehr langsam geworden. Und ich weiß noch nicht, ob ich tatsächlich damit einverstanden bin. Ich kann auf einmal mit allen reden. Ich kann ohne Probleme einen Abend mit Menschen verbringen, die mich überhaupt nicht interessieren und das als Teil des ganzen akzeptieren. Ich kann auf einmal mit Menschen eine Stadt teilen, ohne ihnen unbedingt sagen zu müssen, was ich von ihnen halte, einerseits um ein Verhältnis mit ihnen zu schaffen, andererseits über eigene Fehler zu lernen.
Ich bin zu allein in meinem Kopf, in meiner Gipfelhöhle am Alexberg.
Ich habe das Gefühl, dass nur ich mir selbst sagen kann, was richtig für mich ist und abgesehen davon, dass das extrem arrogant ist, ist das auch extrem traurig.
Marx sei Dank ist das aber nicht so. Zum Glück gibt es hin und wieder Momente, wo andere Menschen, wie z.B. Nati und Hernan, um Caro jetzt einmal wegzulassen, mir Dinge zeigen, die mich weiterbringen und mir die eigene Lächerlichkeit aufzeigen.
Wenn ich merke, dass ich lächerlich bin bin ich auf einmal sehr beruhigt und eine warme Entspannung durchfährt meinen Körper. Auf einmal fällt dann die ganze (Pseudo-) Verantwortung von mir ab, die ich mir aufgehalst habe und ich bin beruhigend menschlich.
Wie ein verdurstender in der Wüste weiß ich diese verstörenden Gedanken zu schätzen, die mich auf den Kopf schlagen und mich fragen, mit wem ich eigentlich wie und wozu meine Zeit verbringe. Die simple Erkenntnis, dass ich eben genau nicht dazu fähig bin, mit Menschen, die ich nicht mag, einen Abend zu verbringen ist wie Ambrosia für meine kritische Seele.
Ein neues Jahr fängt an, entweder morgen oder spätestens am 26.Jänner, dann gehst ab nach Mexico.
Das Jahr 2009 war spektakulärst wie eine 365 Tage andauernde Hochschaubahnfahrt. Das Jahr 2009 hab ich mit Kathrin in Bolivien begonnen. Mit Kathrin habe ich mittlerweile keinen Kontakt mehr und das Verhältnis ist Stoff meiner selbstanalytischen Träume. Ale habe ich seit über einem Jahr nicht mehr gesehen und leider ist sie nach wie vor als böses Gewissen präsent in meinen Träumen, v.a. seit wir wieder in Buenos Aires sind. Ale ist nicht als Ale präsent, sondern als Kobold, dessen theoretische Existenz stört und die Harmonie bedroht. Ich würde nur allzugern zugeben, dass das ein offenes Thema ist, das ich erledigen muss und auf eine meiner vielen to-do Listen hinzufügen. Aber so ist es nicht. Es gibt hier, meines Wissens nach und nach vielen Gedanken, nichts zu erledigen. Es gibt nichts, was ich tun oder nicht tun könnte. Ich glaube, das ist etwas, was ich in meinem eigenen Leben, in meinem eigenen Kopf lösen muss. Ihre Präsenz in meinen Träumen ist die Lehrstunde, die mir mein eigenes Schicksal gespielt hat, dass ich wenn ich jemanden wie einen König behandle, dass selbst wenn ich das Gefühl habe, nur gutes (im Sinne von meiner Meinung nach produktives) für einen Menschen zu tun und dabei selbst frei sein will (und dabei aufpass, dass es nicht auf Kosten von wem anderen geht) dass das Schaden anrichten kann, oder zumindest Schaden sichtbar macht, der vorher schon versteckt existiert hat. Ich habe keine Schuld an Ales Desaster, aber es tut mir einfach leid, dass das passiert ist, was passiert ist. Ich hätte gerne, dass sie aus meinem Leben verschwindet, denn sie nimmt den Platz ein, den ich mit "externes Übel" bezeichnen würde. Sie ist das, was in dieser Welt ganz falsch rennt, sehr nahe von mir existiert, jedem Tag könnte ich ihr über den Weg laufen, und aber unveränderbar für mich ist. Sie ist der Punkt in der Welt, wo ich mich als aktiver Mensch geschlagen geben muss und die üblen Dinge einfach akzeptieren muss, wie sie sind und mich aus Selbstschutzgründen einfach davon distanzieren muss. Ein hässlicher Gedanke, der vielleicht Teil des Erwachsenwerdens ist. Mit Kathrin ist es dasselbe, aber mit ihr habe ich nicht zusammengelebt. Es ist ein schiacher Moment im Leben, wenn man erkennt, dass man sich "Feinde" gemacht hat, ohne einen Grund zu finden, wo man unehrlich war oder Scheiß gebaut hätte. Denn selbst wenn (im Fall von Kathrin) mir irgendwer tausendmal erklärt, warum am Ende Gack dabei herausgeschaut hat, wird es mir emotional (von meinem Standpunkt aus) immer noch nicht klar, warum das jetzt so ein Misverhältnis sein muss. Und der Punkt ist, dass (im Fall von beiden) sie diejenigen sind, die weitaus mehr darunter leiden (litten) und ich einfach nur aufgrund meiner eigenen Sensibilität und Freundschaft/Liebe mir Gedanken mache und manchmal traurig bin.
However, Caro hat den wichtigen Schritt getan und ist nach Bolivien gefahren. Dort hat alles mit ihr angefangen.Bolivien war großartig und ist in diesem Tagebuch und auf unseren Fotos besser dokumentiert, als ich es jemals hier wieder aufrollen könnte. Bolivien war der Anfang eines Jahres voller Farben und Erkenntnisse und voller Schritte Richtung Zukunft.
Mexico danach war eine süß-salzige Bombenmischung aus allem. Es war eine Reise, die ich mir seit Jahren schuldig war. So wie jetzt habe ich mir das Ticket gekauft, ohne emotional davon überzeugt gewesen zu sein. Doch von der Minute meiner Ankunft an war mir klar, dass es einer der besten Entscheidungen meines Lebens war.
All das, wonach ich mich seit Jahren gesehnt habe war dort. Und es war noch viel viel viel mehr. Die Wüste hat mich schwitzen lassen, der Pferderitt zum Peyotl hat meinen Körper paniert und geklopft wie ein Schnitzel. Mexico DF. war die Begegnung mit dem internationalen Touristendasein. Die Wüste war die Nemesis, Maruata war die Erholung, San Cristobal und Cuba waren das Leben danach. In Maruata habe ich zu mir selbst gefunden und war (wie Jahre zuvor in San Miguel de Allende) nach langer Zeit wieder in meinem Dasein entspannt und ich selbst. In San Cristobal wurden diese Aspekte dann wieder herausgefordert und Alex hat Blut geleckt und sich voll ins Geschehen geschmissen. Cuba war eine Reise mit all ihren Pros und Contras. Cuba war unglaublich.
Und dann irgendwanneinmal währenddessen ist mir klar geworden, dass die ganze Sache mit Caro viel ernster ist, als ich das gedacht hätte. Und bald bin ich (verfrüht) zurückgekehrt, wie haben uns im Bunker Oro eingesperrt und auf einmal war ich verheiratet.
Und so ging die Hochzeitsreise nach Wien. Und die Reise nach Wien war diesmal wirklich eine Hochzeitsreise. Sie war wunderschön und unsere Busreise durch Westeuropa war fast schon dekadent, so gut war sie.
Doch in Wien, nach der ersten Hälfte des Jahres 2009 hat genau das angefangen, was sich später teilweise gegen mich kehren sollte: nämlich das Verantwortung übernehmen, das aussortieren und Prioritäten setzen. Ich war in Europa nicht "der" Ale sondern meine Aufmerksamkeit gehörte zu einem sehr großen Teil Caro. Ich wollte unbedingt, dass die Chance, dass sie es dort großartig hat, nicht verfliegt und beschloss, auf natürlichste Weise, immer aufmerksam den Weg so zu gehen, dass eine gute Mischung aus Ferien und Alltag entsteht. Quasi eine Schnupperzeit. Doch das hat mich viel Kraft gekostet, v.a. gemeinsam mit all den anderen Vorkommnissen dort. Es hat auch viel Kraft gebracht, doch unterm Strich ein wenig mehr gekostet. Mit Babsi gabs einige desencuentros, die sich im Laufe der Zeit erledigen werden, die aber deswegen nicht erträglicher werden. Die Eltern haben sich (genauso wie die Großeltern) sehr gefreut, denke ich, dass es eine Caro in meinem Leben gibt und so waren die Begegnungen größtenteils sehr gut. Mit meinen Freunden (auch Roberto) hatte ich wenig profunden Kontakt und da spürte ich das erste Mal, dass ich zwar in einer Welt lebe, aber zwischen mir und ihr eine zu große Watte-Pufferzone ist. Zu leicht fielen mir die Erklärungen, zu einfach habe ichs mir gemacht, weil es sich andernfalls mit zeit und Emotion nicht ausgegangen wäre. Diesmal bin ich Wien und deren Bewohnern noch einiges schuldig. Ich bin zu aufmerksam Caro gegenüber, trage sie auf Händen (gemischt mit einigen heftigen Streitereien, die die einzige Funktion haben, auf die Erde zurückzukehren).
Dieses Stadium hält bis heute tendenziell an. Ich habe, so wie ich es immer wollte meine Beziehung in meinen Alltag integriert. Ich habe meine Beziehung in meine Träume inkludiert. Die beiden Dinge widersprechen sich nicht, da Caro bei allem dabei ist. Vielleicht ist das einer der Aspekte, der mich so verwirrt.
In meinem bisherigen Leben standen meine Beziehungen und Verhältnisse immer in krassem Widerspruch zu meinen Illusionierereien über diverse Verrücktheiten. Und auf einmal lebe ich mit einer Frau, die bei alldem dabei ist und mitmachen will. Wenn jemand derartig in Dich eindringt ist das manchmal verstörend und man sehnt sich nach Zeit für sich selbst. Vor allem wenn dieser Mensch ein lebendiges Wesen ist, das kommt und geht wann es ihm passt. Da passieren eben Momente, wo dieser Mensch aktiv höchst präsent ist, wenn man alleine sein will oder auf einmal fehlt, wenn man sich zurücklehnt und sich von der Anwesenheit des anderen massieren lassen will. Genau das ist ein Phänomen, das mich viel, über alle Maße beschäftigt und zu viel Raum in meinem Denken einnimmt. Es nimmt genau den Platz ein, den ich früher damit füllte, Gitarre zu spielen, zu träumen, Dummheiten anzustellen und auszudenken. Ich muss damit Umgehen lernen und bin gerade dabei. Ich muss, für uns beide, einen Weg finden, der es mir garantiert, frei zu fühlen und zu denken, ohne dabei meine Liebe zu vernachlässigen. Wenn ich das nicht schaffe, geht die Beziehung kaputt, denn wenn ich in meinem leben etwas gelernt habe, dann ist es, dass meine eigene Person innen drin zu stark ist, als dass sie sich selbst aufgeben könnte, auch wenn es manchmal kurz so aussieht.
Denn wenn ich ehrlich mit mir selbst bin wird mir klar, dass ich zwar unendliche Texte über Abhängigkeit und Selbstaufgabe (die Zweifel und Angst davor) geschrieben habe, doch das ist letztlich nur ein Zeichen dafür, dass sich beim geringsten Ansatz in diese Richtung etwas ganz stark in mir drinnen dagegen wehrt.
Die Zeit in Buenos Aires von Oktober bis jetzt war sehr seltsam. Sie hat mir all dieses Emotionschaos verdeutlicht und mich dazu gebracht, dass ich das fühle und denke, was ich gerade schreibe.
Ob es eine gute Zeit war, wird sich in der Zukunft, mit mehr Distanz herausstellen, so ganz spontan ist mir das nicht klar.
Ich genieße meine Zeit mit Caro und manchmal sehe ich sie an und packe es nicht wie sexy sie ist und wie intelligent sie innen drinnen ist, wie patschert sie oft mit ihrem eigenen Leben und unserer Beziehung umgeht und machmal würd ich sie gern abwatschen, wenn sie in ihre bürgerliche, oberflächlich-materialistische Ich-weiss-alles-Onda fällt. Sie ist verletzlich wie ein Kind und offen für jegliche Form der Kritik. Sie freut sich über mich in ihrem Leben und kann es selbst nicht fassen, so wenig wie ich, oder vielleicht noch mehr, dass wir einander getroffen oder gefunden haben. Sie hat ein riesiges Chaos innen drin, das durch mich sicherlich keine "einfache", aber dafür eine profundere (;-)) Lösung findet. Hoffentlich hehe
Es rennt gut... ja, doch, nach all dem, was ich nun geschrieben und gedacht habe komme ich neuerlich zu der Erkenntnis, dass es gut rennt, ohne Zweifel.
Aber ich habe den Rhythmus noch nicht gefunden. Ich bewege mich immer weniger. Manchmal wird es mir einfach zu viel.
Doch vielleicht hängt das wirklich damit zusammen, dass ich kaum bis nicht alleine bin, dass ich nicht weiß, meine Zeit allein so zu nutzen, dass ich erfüllt bin.
Es ist einfach wirklich seltsam. Ich schäme mich fast, wenn ich sudere, doch vielleicht wäre es das Gesündeste, einfach einmal draufloszusudern.
Ich bin mit entscheidenden Details an mir selbst nichtzufrieden. Ich bin mit meinem Schreibstil nicht zufrieden. Ich bin nicht damit zufrieden, dass Philosophie und Kunst in meinem Leben fehlt. Ich sollte seit langem meinen Textbeitrag für Vecinos Perdidos schreiben, doch bin einfach nicht einverstanden mit dem, was aus mir rauskommt, erstens weil ich im Kopf ganz woanders bin und zweitens weil meine Schreibhand eingeschlafen ist.
Das muss anders werden.
Vieles wird anders werden und dass wir am 26.1. ein Ticket haben gibt mir eine kleine Portion Zuversicht, die mit einem realen Tag verbunden ist. Es fehlen noch zwei Wochen bis dahin und ich wünsche mir über alles, dass in diesen zwei Wochen viele dieser Dinge, die mir Kopfzerbrechen bereiten eine Lösung finden, die es mir ermöglichen, neue Herausforderungen mit der Lust und Aufmerksamkeit zu beginnen, die ihnen zusteht.
Ich selbst überlebe, so viel ist klar... das ist der Punkt, auf dem ich mich nie ausrufen darf... das Geheimnis ist es "gut" zu leben und profunden und produktiven Einfluss auf die Welt auszuüben, in der man sich bewegt und die Menschen (und sich selbst) so zu bereichern, wie es der Horizont, den man sieht, gebietet.
Maure, auf diese Art und Weise sage ich vorerst "Chau". Ich hoffe, dass unser gemeinsames Leben irgendwann und irgendwie weitergeht. Danke für alles, danke für all die Wunder, die wir hier drinnen kreiert haben. Danke für die Freude, die Du denjenigen brachtest, die meine Gäste hier drinnen waren. Danke.
Viva Mostachita!
Willkommen 2010
Leicht Jung Frisch
Ale
Heute ist der letzte ganze Tag in Maure, ob es weitere geben wird weiß nur die Zukunft. Aber heute werde ich meine Sachen nach Oro bringen. Morgen kommt Flor und zieht in mein Zimmer.
Seltsam und unangenehm dieses Gefühl. Seltsam und unangenehm fühlt es sich an, wenn ich mir überlege, dass ich den Platz verlasse, der mich in Buenos Aires buchstäblich gerettet hat. Wenn es in dieser Stadt einen Ort gibt, bei dem ich tatsächlich das Gefühl habe, dass er meiner ist, dass der Ort, seine Bewohner zu meinem Leben viel Wesentliches beigetragen haben, und ich selbst die Möglichkeit hatte, zu diesem Ort viele Dinge und Momente beizutragen, dann ist es Maure 3971/2. Innerlich will ich nicht weg. Das, was mich Maure verlassen lässt, sind die Zeichen der Zeit.
Es muss was weitergehn. Es muss was passieren, und manhcmal muss man eben Orte, an denen man sehr bequem in einer Seifenblase lebt, auch verlassen, um neue Horizonte kennenzulernen. Aus heutiger Sicht sage ich dass ich unbedingt zurück will, doch vorher muss einiges passieren. Vorher wird einiges passieren, so viel ist klar. Aber well, egal was passier, egal wie sich das Rätsel des letzten und nächsten halben Jahrs auflöst, dieser Beitrag hier ist Maure und mir und Maure gewidmet, dem Ort, wo Hansi geschlafen hat bei Projekt-Factfinding Missions, wo Carmen, Babs, Peter Uray, etc. mit mir getrunken und gegrillt haben, wo ich mit Roberto lange zusammengelebt habe, wo ich Caro fast kennengelernt habe, für den mich tausende beneidet haben, wo ich tausende kennengelernt habe, wo Ariel und Fernando immer willkommen waren, den ich dank Nati gefunden habe, wo der Hercules zu hause ist und wo ich tausende Stunden zu jeder Tageszeit und in jeder Gemütsverfassung mit Hernan, Sil, Ursula, Isa und vielen anderen mit Wein, Drogen, Mate, nüchtern etc. zugebracht habe.
Ich will Maure nicht verlieren. Ich werde Maure aus meinem Herzen nie verlieren. Und wenn diese Worte sehr nach Abschied klingen, dann ist das deswegen, weil ich selbst eine Linie zeichnen muss, um mein Leben zu ordnen und etwas Neues, Anderes zu beginnen. Wahrscheinlich komme ich auf meiner Reise noch öfters hier vorbei, egal was passiert.
Am schwersten fällt der Abschied von Mostachita... doch es beruhigt mich zu wissen, dass ihr der Abschied von mir wahrscheinlich nicht ganz so schwer fällt wie mir von ihr, oder dass sie sich zumindest nicht ganz so klar darüber ist. Merkwürdigerweise bildet man sich selbst ein, wenn man so beim Kistenmachen und Zusammenpacken ist, dass Mosti sehr wohl mitkriegt, was los ist, dass sie übersensibel ist und Nähe sucht. Doch wahrscheinlich ist das einfach das Produkt einer nostalgischen melancholischen Wunschvorstellung hehe.
However, wenn schon Mostachita nicht sensibel beieinander ist, ich bin es sicherlich.
Gestern habe ich die ersten Kisten und Taschen mit dem Taxi nach Oro gebracht. Danach sind Caro und ich in den Alto Palermo gefahren und haben ein Leiberl umgetauscht. Sponatan kam es dann zu einem der exquisitesten Abendessen, die Maure jemals gesehen hat und dieses war einfach nur würdig, würdig des Sommers, würdig eines Abschieds, würdig der Teilnehmer, einfach digno.
Ein halbes kilo Lachs, ein halbes Kilo Langusten, ein halbes kilo Rabas. Und das ganze in Tacos. In Maure angekommen haben wir einen Riesenpot Guacamole gemacht, die Dose eingelegte Chilis geöffnet. Dann den Lachs gehäutet und gewürfelt, in Olivenöl fest angebraten und dann mit einem Schuss Soyasauce, in paar Tropfen Sesamöl udn einer Hand voll gehacktem Koriander und Zitronensaft vollendet. Die Rabas in Mehl und Salz gewendet, und in einem Finger hoch Öl gebraten und die Langusten in dem, was vom Lachs in der Pfanne blieb mindestens fünf Minuten gebraten.
Es war ein Festessen, vor allem mit diesen roten Jalapeños und der perfekten Guacamole. Ein Festessen. Danach noch ein paar mal in die Reste der Drei-Husaren-Torte reingestochen, die von Caros Cumple über war und gewürzt mit einem porrito und ein paar Bieren war für einen verheirateten Mann wie mich eh bald Schluss.
Es ist innerlich und äußerlich einfach viel momentan. Nicht deswegen, weils so viel Stress wäre, nein das war vor etwas mehr als einem Jahr um einiges mehr, sondern weil auf mich ständig Fragen und Anforderungen einprasseln, wo ich oft nicht ganz weiß, wie ich damit umzugehen habe. Es ist als würde ich sehr kopflastig leben, und meine Art der Träume in der Nacht und meine Art Porros zu rauchen geben mir recht. Ich schaffe es nicht, loszulassen, egal um welche Uhrzeit. Doch es ist nicht so, dass ich nicht loslassen kann, obwohl ich es unbedingt herbeisehne, ich bin weit entfernt von Panik. Irgendein Teil in mir drinnen will einfach nicht loslassen. Es ist als gäbe es in mir einen Motor der ständig auf Standgas läuft und hin und wieder Bereitschaft signalisiert endlich loszulegen... und auch insofern ist es gut, sich zu bewegen, damit was weitergeht.
Und ich bin bereits mitten drin in meiner Neujahrsreflexion. Über allem drüber steht, dass ich mich "eigentlich" (und da ist dieses Wort schon wieder) nicht beschweren kann, da mein Leben süß und gut ist, da mein Leben in seiner Alltäglichkeit eine gute Basis bietet, für all die Verrücktheiten die mir einfallen (oder die mir momentan eben nicht einfallen... oder schon?).
Wenn ich etwas nicht bin, dann ist es ausgeglichen. Mein Körper fühlt sich an, als ob er alles, was (energetisch) auf ihn einprasselt panisch akkumuliert, für irgendeinen Zeitpunkt, wo man es brauchen könnte. Ich schlafe viel, ohne ausgeschlafen zu sein. Ich esse viel ohne satt zu werden. Ich reagiere auf viele Erfordernisse des Alltags und des Lebens gut und intelligent. Ich löse Probleme und denke, dass ich großteils guten Einfluss auf meine Mitmenschen habe. Ich teile was ich habe und freue mich, wenn andere darüber glücklich sind. Aber ich mir fehlt der Überblick. Ich weiß zwar, wo ich gerade stehe und mit wem, aber ich emotional bin ich taub. Ich fühle es einfach nicht. Ich habe schon Gefühle und zwar ziemlich intensive, aber ich habe kein G'spür dafür, was da grad so los ist. Mir fehlt der Überblick.
Wenn ich schreibe, dann benutze ich die Wörter in meiner Sprache dafür um zu beschreiben, was ich glaube, dass grad los ist. Doch die Poesie fehlt.
Es passiert einfach sehr wenig, dass ich herumsitze oder herumliege und auf einmal Lust auf irgendwas habe. Ich habe kaum Lust. Ich bin in einem Mechanismus drin, der seinen eigenen Gesetzen gehorcht, die ich größtenteils selbst bestimmt habe. Das klingt ja sehr gut, fühlt sich auch sehr gut an, aber es gibt eine dunkle Zone, wo Fragen auftauchen.
Mein Kopf dominiert mein Sein. Ich habe Angst davor, zu erwachsen geworden zu sein. Ich schaue mir The Wall an und könnte vor Emotion weinen, genauso wie beim Neujahrskonzert... aus irgendwelchen Gründen, die ein Rätsel für mich sind. Der innere Psychotherapeut mach schlechte Arbeit im Alltag. Ich habe Angst davor, als Subjekt, als Summe meiner Eigenschaften, langsam in meiner Persönlichkeit so gefestigt zu sein, dass aufrüttelnde Impulse von außen es immer schwerer haben in mich einzugreifen. Das hat sicher mit meiner Ehe und mit meinem Status bei der verlorenen Nachbarschaft zu tun. Der reisende Alex ist sehr langsam geworden. Und ich weiß noch nicht, ob ich tatsächlich damit einverstanden bin. Ich kann auf einmal mit allen reden. Ich kann ohne Probleme einen Abend mit Menschen verbringen, die mich überhaupt nicht interessieren und das als Teil des ganzen akzeptieren. Ich kann auf einmal mit Menschen eine Stadt teilen, ohne ihnen unbedingt sagen zu müssen, was ich von ihnen halte, einerseits um ein Verhältnis mit ihnen zu schaffen, andererseits über eigene Fehler zu lernen.
Ich bin zu allein in meinem Kopf, in meiner Gipfelhöhle am Alexberg.
Ich habe das Gefühl, dass nur ich mir selbst sagen kann, was richtig für mich ist und abgesehen davon, dass das extrem arrogant ist, ist das auch extrem traurig.
Marx sei Dank ist das aber nicht so. Zum Glück gibt es hin und wieder Momente, wo andere Menschen, wie z.B. Nati und Hernan, um Caro jetzt einmal wegzulassen, mir Dinge zeigen, die mich weiterbringen und mir die eigene Lächerlichkeit aufzeigen.
Wenn ich merke, dass ich lächerlich bin bin ich auf einmal sehr beruhigt und eine warme Entspannung durchfährt meinen Körper. Auf einmal fällt dann die ganze (Pseudo-) Verantwortung von mir ab, die ich mir aufgehalst habe und ich bin beruhigend menschlich.
Wie ein verdurstender in der Wüste weiß ich diese verstörenden Gedanken zu schätzen, die mich auf den Kopf schlagen und mich fragen, mit wem ich eigentlich wie und wozu meine Zeit verbringe. Die simple Erkenntnis, dass ich eben genau nicht dazu fähig bin, mit Menschen, die ich nicht mag, einen Abend zu verbringen ist wie Ambrosia für meine kritische Seele.
Ein neues Jahr fängt an, entweder morgen oder spätestens am 26.Jänner, dann gehst ab nach Mexico.
Das Jahr 2009 war spektakulärst wie eine 365 Tage andauernde Hochschaubahnfahrt. Das Jahr 2009 hab ich mit Kathrin in Bolivien begonnen. Mit Kathrin habe ich mittlerweile keinen Kontakt mehr und das Verhältnis ist Stoff meiner selbstanalytischen Träume. Ale habe ich seit über einem Jahr nicht mehr gesehen und leider ist sie nach wie vor als böses Gewissen präsent in meinen Träumen, v.a. seit wir wieder in Buenos Aires sind. Ale ist nicht als Ale präsent, sondern als Kobold, dessen theoretische Existenz stört und die Harmonie bedroht. Ich würde nur allzugern zugeben, dass das ein offenes Thema ist, das ich erledigen muss und auf eine meiner vielen to-do Listen hinzufügen. Aber so ist es nicht. Es gibt hier, meines Wissens nach und nach vielen Gedanken, nichts zu erledigen. Es gibt nichts, was ich tun oder nicht tun könnte. Ich glaube, das ist etwas, was ich in meinem eigenen Leben, in meinem eigenen Kopf lösen muss. Ihre Präsenz in meinen Träumen ist die Lehrstunde, die mir mein eigenes Schicksal gespielt hat, dass ich wenn ich jemanden wie einen König behandle, dass selbst wenn ich das Gefühl habe, nur gutes (im Sinne von meiner Meinung nach produktives) für einen Menschen zu tun und dabei selbst frei sein will (und dabei aufpass, dass es nicht auf Kosten von wem anderen geht) dass das Schaden anrichten kann, oder zumindest Schaden sichtbar macht, der vorher schon versteckt existiert hat. Ich habe keine Schuld an Ales Desaster, aber es tut mir einfach leid, dass das passiert ist, was passiert ist. Ich hätte gerne, dass sie aus meinem Leben verschwindet, denn sie nimmt den Platz ein, den ich mit "externes Übel" bezeichnen würde. Sie ist das, was in dieser Welt ganz falsch rennt, sehr nahe von mir existiert, jedem Tag könnte ich ihr über den Weg laufen, und aber unveränderbar für mich ist. Sie ist der Punkt in der Welt, wo ich mich als aktiver Mensch geschlagen geben muss und die üblen Dinge einfach akzeptieren muss, wie sie sind und mich aus Selbstschutzgründen einfach davon distanzieren muss. Ein hässlicher Gedanke, der vielleicht Teil des Erwachsenwerdens ist. Mit Kathrin ist es dasselbe, aber mit ihr habe ich nicht zusammengelebt. Es ist ein schiacher Moment im Leben, wenn man erkennt, dass man sich "Feinde" gemacht hat, ohne einen Grund zu finden, wo man unehrlich war oder Scheiß gebaut hätte. Denn selbst wenn (im Fall von Kathrin) mir irgendwer tausendmal erklärt, warum am Ende Gack dabei herausgeschaut hat, wird es mir emotional (von meinem Standpunkt aus) immer noch nicht klar, warum das jetzt so ein Misverhältnis sein muss. Und der Punkt ist, dass (im Fall von beiden) sie diejenigen sind, die weitaus mehr darunter leiden (litten) und ich einfach nur aufgrund meiner eigenen Sensibilität und Freundschaft/Liebe mir Gedanken mache und manchmal traurig bin.
However, Caro hat den wichtigen Schritt getan und ist nach Bolivien gefahren. Dort hat alles mit ihr angefangen.Bolivien war großartig und ist in diesem Tagebuch und auf unseren Fotos besser dokumentiert, als ich es jemals hier wieder aufrollen könnte. Bolivien war der Anfang eines Jahres voller Farben und Erkenntnisse und voller Schritte Richtung Zukunft.
Mexico danach war eine süß-salzige Bombenmischung aus allem. Es war eine Reise, die ich mir seit Jahren schuldig war. So wie jetzt habe ich mir das Ticket gekauft, ohne emotional davon überzeugt gewesen zu sein. Doch von der Minute meiner Ankunft an war mir klar, dass es einer der besten Entscheidungen meines Lebens war.
All das, wonach ich mich seit Jahren gesehnt habe war dort. Und es war noch viel viel viel mehr. Die Wüste hat mich schwitzen lassen, der Pferderitt zum Peyotl hat meinen Körper paniert und geklopft wie ein Schnitzel. Mexico DF. war die Begegnung mit dem internationalen Touristendasein. Die Wüste war die Nemesis, Maruata war die Erholung, San Cristobal und Cuba waren das Leben danach. In Maruata habe ich zu mir selbst gefunden und war (wie Jahre zuvor in San Miguel de Allende) nach langer Zeit wieder in meinem Dasein entspannt und ich selbst. In San Cristobal wurden diese Aspekte dann wieder herausgefordert und Alex hat Blut geleckt und sich voll ins Geschehen geschmissen. Cuba war eine Reise mit all ihren Pros und Contras. Cuba war unglaublich.
Und dann irgendwanneinmal währenddessen ist mir klar geworden, dass die ganze Sache mit Caro viel ernster ist, als ich das gedacht hätte. Und bald bin ich (verfrüht) zurückgekehrt, wie haben uns im Bunker Oro eingesperrt und auf einmal war ich verheiratet.
Und so ging die Hochzeitsreise nach Wien. Und die Reise nach Wien war diesmal wirklich eine Hochzeitsreise. Sie war wunderschön und unsere Busreise durch Westeuropa war fast schon dekadent, so gut war sie.
Doch in Wien, nach der ersten Hälfte des Jahres 2009 hat genau das angefangen, was sich später teilweise gegen mich kehren sollte: nämlich das Verantwortung übernehmen, das aussortieren und Prioritäten setzen. Ich war in Europa nicht "der" Ale sondern meine Aufmerksamkeit gehörte zu einem sehr großen Teil Caro. Ich wollte unbedingt, dass die Chance, dass sie es dort großartig hat, nicht verfliegt und beschloss, auf natürlichste Weise, immer aufmerksam den Weg so zu gehen, dass eine gute Mischung aus Ferien und Alltag entsteht. Quasi eine Schnupperzeit. Doch das hat mich viel Kraft gekostet, v.a. gemeinsam mit all den anderen Vorkommnissen dort. Es hat auch viel Kraft gebracht, doch unterm Strich ein wenig mehr gekostet. Mit Babsi gabs einige desencuentros, die sich im Laufe der Zeit erledigen werden, die aber deswegen nicht erträglicher werden. Die Eltern haben sich (genauso wie die Großeltern) sehr gefreut, denke ich, dass es eine Caro in meinem Leben gibt und so waren die Begegnungen größtenteils sehr gut. Mit meinen Freunden (auch Roberto) hatte ich wenig profunden Kontakt und da spürte ich das erste Mal, dass ich zwar in einer Welt lebe, aber zwischen mir und ihr eine zu große Watte-Pufferzone ist. Zu leicht fielen mir die Erklärungen, zu einfach habe ichs mir gemacht, weil es sich andernfalls mit zeit und Emotion nicht ausgegangen wäre. Diesmal bin ich Wien und deren Bewohnern noch einiges schuldig. Ich bin zu aufmerksam Caro gegenüber, trage sie auf Händen (gemischt mit einigen heftigen Streitereien, die die einzige Funktion haben, auf die Erde zurückzukehren).
Dieses Stadium hält bis heute tendenziell an. Ich habe, so wie ich es immer wollte meine Beziehung in meinen Alltag integriert. Ich habe meine Beziehung in meine Träume inkludiert. Die beiden Dinge widersprechen sich nicht, da Caro bei allem dabei ist. Vielleicht ist das einer der Aspekte, der mich so verwirrt.
In meinem bisherigen Leben standen meine Beziehungen und Verhältnisse immer in krassem Widerspruch zu meinen Illusionierereien über diverse Verrücktheiten. Und auf einmal lebe ich mit einer Frau, die bei alldem dabei ist und mitmachen will. Wenn jemand derartig in Dich eindringt ist das manchmal verstörend und man sehnt sich nach Zeit für sich selbst. Vor allem wenn dieser Mensch ein lebendiges Wesen ist, das kommt und geht wann es ihm passt. Da passieren eben Momente, wo dieser Mensch aktiv höchst präsent ist, wenn man alleine sein will oder auf einmal fehlt, wenn man sich zurücklehnt und sich von der Anwesenheit des anderen massieren lassen will. Genau das ist ein Phänomen, das mich viel, über alle Maße beschäftigt und zu viel Raum in meinem Denken einnimmt. Es nimmt genau den Platz ein, den ich früher damit füllte, Gitarre zu spielen, zu träumen, Dummheiten anzustellen und auszudenken. Ich muss damit Umgehen lernen und bin gerade dabei. Ich muss, für uns beide, einen Weg finden, der es mir garantiert, frei zu fühlen und zu denken, ohne dabei meine Liebe zu vernachlässigen. Wenn ich das nicht schaffe, geht die Beziehung kaputt, denn wenn ich in meinem leben etwas gelernt habe, dann ist es, dass meine eigene Person innen drin zu stark ist, als dass sie sich selbst aufgeben könnte, auch wenn es manchmal kurz so aussieht.
Denn wenn ich ehrlich mit mir selbst bin wird mir klar, dass ich zwar unendliche Texte über Abhängigkeit und Selbstaufgabe (die Zweifel und Angst davor) geschrieben habe, doch das ist letztlich nur ein Zeichen dafür, dass sich beim geringsten Ansatz in diese Richtung etwas ganz stark in mir drinnen dagegen wehrt.
Die Zeit in Buenos Aires von Oktober bis jetzt war sehr seltsam. Sie hat mir all dieses Emotionschaos verdeutlicht und mich dazu gebracht, dass ich das fühle und denke, was ich gerade schreibe.
Ob es eine gute Zeit war, wird sich in der Zukunft, mit mehr Distanz herausstellen, so ganz spontan ist mir das nicht klar.
Ich genieße meine Zeit mit Caro und manchmal sehe ich sie an und packe es nicht wie sexy sie ist und wie intelligent sie innen drinnen ist, wie patschert sie oft mit ihrem eigenen Leben und unserer Beziehung umgeht und machmal würd ich sie gern abwatschen, wenn sie in ihre bürgerliche, oberflächlich-materialistische Ich-weiss-alles-Onda fällt. Sie ist verletzlich wie ein Kind und offen für jegliche Form der Kritik. Sie freut sich über mich in ihrem Leben und kann es selbst nicht fassen, so wenig wie ich, oder vielleicht noch mehr, dass wir einander getroffen oder gefunden haben. Sie hat ein riesiges Chaos innen drin, das durch mich sicherlich keine "einfache", aber dafür eine profundere (;-)) Lösung findet. Hoffentlich hehe
Es rennt gut... ja, doch, nach all dem, was ich nun geschrieben und gedacht habe komme ich neuerlich zu der Erkenntnis, dass es gut rennt, ohne Zweifel.
Aber ich habe den Rhythmus noch nicht gefunden. Ich bewege mich immer weniger. Manchmal wird es mir einfach zu viel.
Doch vielleicht hängt das wirklich damit zusammen, dass ich kaum bis nicht alleine bin, dass ich nicht weiß, meine Zeit allein so zu nutzen, dass ich erfüllt bin.
Es ist einfach wirklich seltsam. Ich schäme mich fast, wenn ich sudere, doch vielleicht wäre es das Gesündeste, einfach einmal draufloszusudern.
Ich bin mit entscheidenden Details an mir selbst nichtzufrieden. Ich bin mit meinem Schreibstil nicht zufrieden. Ich bin nicht damit zufrieden, dass Philosophie und Kunst in meinem Leben fehlt. Ich sollte seit langem meinen Textbeitrag für Vecinos Perdidos schreiben, doch bin einfach nicht einverstanden mit dem, was aus mir rauskommt, erstens weil ich im Kopf ganz woanders bin und zweitens weil meine Schreibhand eingeschlafen ist.
Das muss anders werden.
Vieles wird anders werden und dass wir am 26.1. ein Ticket haben gibt mir eine kleine Portion Zuversicht, die mit einem realen Tag verbunden ist. Es fehlen noch zwei Wochen bis dahin und ich wünsche mir über alles, dass in diesen zwei Wochen viele dieser Dinge, die mir Kopfzerbrechen bereiten eine Lösung finden, die es mir ermöglichen, neue Herausforderungen mit der Lust und Aufmerksamkeit zu beginnen, die ihnen zusteht.
Ich selbst überlebe, so viel ist klar... das ist der Punkt, auf dem ich mich nie ausrufen darf... das Geheimnis ist es "gut" zu leben und profunden und produktiven Einfluss auf die Welt auszuüben, in der man sich bewegt und die Menschen (und sich selbst) so zu bereichern, wie es der Horizont, den man sieht, gebietet.
Maure, auf diese Art und Weise sage ich vorerst "Chau". Ich hoffe, dass unser gemeinsames Leben irgendwann und irgendwie weitergeht. Danke für alles, danke für all die Wunder, die wir hier drinnen kreiert haben. Danke für die Freude, die Du denjenigen brachtest, die meine Gäste hier drinnen waren. Danke.
Viva Mostachita!
Willkommen 2010
Leicht Jung Frisch
Ale
AlVince - 9. Jan, 14:00